So einen Mercedes-AMG S 63 4Motion könnte Billie als Basis für den Manni genutzt haben. Schade drum wärs schon / Foto Mercedes-Benz

Mit den schwarzen Trommeln durch die Nacht

Für Billie, den sie in der Community nur den Racer nannten, gab es zwischen Starten und Stoppen keine Wahl. Er fuhr immer pedal to the metal, also mit dem Gaspedal an der Spritzwand, und es hieß, er habe vom Driver in Hollywood das Fahren gelernt. In Wahrheit hatte Billie nur die beiden Driver-Bände von James Sallis gelesen. Aber die waren wie gechiptes Kerosin für Billie. Sein AMG S 63 4Matic war vollgetankt und warm und der Lack schimmerte im Licht der Scheune. Vier sanfte Jungfrauen aus Billies Fangemeinde hatten die sehr beherzt tiefer gelegte Limousine von Salz, Staub und Stroh der Scheune befreit. Nur kurz wimmerte der Anlasser. Dann zündete das Gemisch und in zwölf Brennräumen nahm der Sechs-Liter-Motor die Leerlaufarbeit auf. Mildes Stottern störte Billie nicht, Geduld war sein Bruder im Blute, Billie wartete in dieser Nacht auf die Stunden der Wölfe. Seine V12-Rotte würde er ausführen und dann dort, wo der Mais besonders hoch stand, alle Abgasklappen bis zum Anschlag aufreißen, denn es war die erste Ausfahrt nach dem großen Umbau. Er würde am Schwanz der größten und unsterblichen Wildsau zupfen und den schwarzen Trommeln des ewigen Waldes lauschen. Irgendwo in Niederbayern, auf seinem eigenen Feld, das nicht ganz so groß war wie das Fürstentum Liechtenstein, aber doch ausreichend. Es gibt, sagte Billie gerne, nichts Seriöseres als eine Benz-Limousine mit dem Bauch auf dem Boden. Zum Start atmete der AMG S 63 ein und erhob sich auf eine gewisse Bodenfreiheit, die dann bei hohem Tempo verringert wurde. Billie hatte den S 63 mit 4Matic so gekauft wie er es gewohnt war: Gegen Barzahlung aus einer Bäckertüte, erster Hand, rund 200 000 Euro, Feilschen war seine Sache nicht, Sofortzulassung zum Mitnehmen, take away, nannte er das. Aber nicht auf seinen Hof. Der Manni war ein Begnadeter mit ewiger Ferrari-Altölschmiere unter den Fingernägeln, und er kümmerte sich um den AMG. Alles muss raus, hatte der Billie ihm geflüstert, und das da muss rein: Billie hatte günstig (was er halt so nannte in jenen Jahren des Überflusses) einen erfolgreich geschulterten und deshalb recht nachhaltig kalt verformten Mercedes G 500 4×4 mit Zwölfzylinder-V-Motor direkt zum Manni anliefern lassen. Der holte zwölf Kisten Maibock von der Brauerei, die dem Billie gehörte und bürstete sich die Fingernägel sauber für die V12-Schmiere. Alles Überflüssige flog aus dem S 63 und die gesamte Sache entwickelte sich prächtig unter den Händen des Begnadeten: Details ließ der Manni keine raus, aber statt 630 PS waren es jetzt mindestens circa 850 PS, der Prüfstand konnte nicht mehr anzeigen. Und der Motorklang war unbeschreiblich. Fast explodierte schon im Leerlauf von etwa 950/min die Werkstatt. So musste der Vesuv geklungen haben über Pompeji im Jahr 79 nach Christus. Zwei Dachziegel wurden zu Pulver. Billie und Manni hatten auf einen Auspuff verzichtet. Beide waren sich einig: Wer den ewigen Keiler aus den Karpaten bezwingen will, der hat jegliche Unterstützung verdient. (wp.)

Fortsetzung folgt. Demnächst bei www.carsandcritics.de