Faszination der 2000 km: Im Horch Museum lauert Gänsehaut bei diesem Horch Coupé, das ein Teilnehmer hier geparkt hat.

Fotografiert hat es Reinhold Klama.

Mehr als 300 Sammlungen historischer Fahrzeuge verzeichnet eine neue Webadresse. Plus Standorte, Deutschlandkarte, Kontaktdaten und noch viel mehr.

Wer wissen will, welche unglaublichen Ingenieurs-Leistungen (und -Verirrungen)  in den letzten eineinhalb Jahrhunderten von technischen Genies und grüblerischen Eigenbrötlern erbracht wurden, findet jetzt neue, virtuelle Orientierungshilfe: Der Fahrplan in die motorisierte Vergangenheit steht unter oldtimermuseen.de. –  einer neuen Web-Adresse ausschließlich für Museen historischer Fahrzeuge, die über mehr als 300 Sammlungen in Deutschland informiert. Viele davon sind selbst für eingefleischte Fans echte Geheimtipps. Eine interaktive Deutschlandkarte liefert dazu den Überblick über Standorte und die Kontaktdaten. Sorgfältig recherchierte Beschreibungen bieten Informationen darüber, was den Besucher erwartet, und ein Routenplaner weist den schnellsten Weg.

oldtimermuseen.de präsentiert natürlich die bekannten Publikumsmagneten der großen Hersteller („Sie müsset schlafe, Herr Doimler!“), aber eben auch völlig unbekannte Kollektionen privater Initiativen und Sammler. Dieter Lammersdorf ist der Vater dieses elektronischen Standard-Werks. Nach mehreren Büchern über Nachkriegsfahrzeuge legte der Oldtimer-Enthusiast aus Olpe 2002 einen gedruckten Museumsführer über Pkw- und Motorradsammlungen in Deutschland vor. Mit der Website überträgt er nun – spät, aber nicht zu spät – sein Wissen ins Internetzeitalter.

Aus der Auswahl von derzeit 317 öffentlich zugänglichen Museen hat die Redaktion von CaC zwei herausgepickt, deren Sujets nicht unterschiedlicher sein könnten. Also Startschuss zu einer nostalgischen Reise in die Vergangenheit der Mobilität, zu den spannendsten Autos, Motorrädern, Bussen, Traktoren, Nutzfahrzeugen, Feuerwehren und Fahrrädern der Geschichte.  Zuerst geht es ins…

August Horch Museum

In der Trägerschaft der Stadt Zwickau und von Audi widmet sich diese 2004 neu eröffnete, Ausstellung auf 6500 m² neben dem Rennsport der 1930er Jahre vor allem  dem Automobilbau nach 1945 in der DDR. So steht hier die einzig noch existente  Fertigungsanlage für Duroplast. Zudem sind Prototypen ausgestellt, die während der 33jährigen Trabant-Geschichte entwickelt wurden – aber nicht in Serie gebaut werden durften. Abgerundet wird der Rundgang  durch Informationen und Fahrzeugen aus dem Autoland Sachsen in der Zeit von 1989 bis heute.

Im historischen Gebäudekomplex der früheren Audi-Werke wird die Entwicklungsgeschichte des westsächsischen Fahrzeugbaus präsentiert. In der Horch-Villa kann der Besucher zudem das Leben und Wirken eines der größten Automobil-Pioniere der deutschen Geschichte nachempfinden. Ein Nachbau des Horch 14-17 PS aus dem Jahr 1904 bildet den Auftakt. Eine Tankstelle aus den 1920er Jahre, der Stand einer Automobilausstellung sowie der Eingangsbereich eines Grand Hotels der 1930er Jahre versetzen den Besucher in eine andere Welt. Etwa 70 Großexponate und eine Vielzahl automobiler Kleinobjekte begeistern jeden Auto- und Technikfreund. Liebevoll inszeniert werden die Fahrzeuge auch in Picknick-, Autobahn- und Winter-Szenarien.

Im Jahr 1932 schlossen sich Audi, DKW, Horch und Wanderer zur Auto Union zusammen. In Zwickau wird auch gezeigt, wie sich dieses Unternehmen von einem zivilen Kfz-Hersteller zu einem reinen Kriegsproduzenten gewandelt hat: So ist die Blütezeit der Marke Horch untrennbar mit dem Nazi-Regime verbunden, in der Ausstellung vermittelt durch die  Themen Fremdarbeiter, Zwangsarbeiter, KZ-Häftlinge, Rüstung, Kriegswirtschaft und die manipulierende Propaganda der Auto Union.

August Horch Museum, Audistraße 7, 08058 Zwickau, www.horch-museum.de

Vehikelsammlung Eppelheim

heißt ein kleines Museum ganz anderer Art: Hier werden – nach Voranmeldung ! – Fahrzeuge gezeigt, die vor allem im Nachkriegsdeutschland zum Straßenbild gehörten und dabei den  ganzen Erfindungsreichtum einer Nation zeigten, die trotz allem Elend nach motorisierter Mobilität strebte. Auf einer Ausstellungsfläche von ca. 300 m² präsentieret sich eine umfangreiche Sammlung an Kleinwagen, Rollern und Motor-Rollstühlen aus den 1950er und 60er Jahren. Unter den 30 Rollern sind viele seltene Marken vertreten, so eine für den englischen Markt gebaute Dürkopp Diana TS E neben einer NSU Prima-D mit Wandler- Automatik und einem Faka Tourist, der in geringer Stückzahl gebaut wurde. Vertreten sind zudem die Marken Adler, DKW, Fiat, Fuldamobil, Goggo, Heinkel, Isetta, Lloyd, Maico, Messerschmitt, NSU, Lohner, Triumph und Zündapp.

Wie vielfältig die technischen Ideen der Nachkriegs- und Wirtschaftswunder-Zeit  waren, zeigen vor allem sehr seltene Fahrzeuge wie Felber Autoroller, Krobolth Allwetterroller, Serpukhov, Vois Biscuter und Kleinschnittger. Der Kleinschnittger hatte serienmäßig drei Vorwärtsgänge, aber keinen Rückwärtsgang – zum Wenden wurde der 160 kg leichte Wagen vorne angehoben und einfach umgedreht! Ein besonders seltener Kleinwagen ist der von 1957 bis 1965 in England gebaute Scootacar. Nur 1,51 m hoch, 2,00 m lang und vorne 1,32 m breit, war er für zwei Personen zugelassen: Der Beifahrer saß hinter dem Fahrer, seine Beine wurden „vorne“ neben dem Fahrer ausgesteckt. Da der kleine Wagen mit Einzylinder-Zweitaktmotor (175 Kubikzentimeter Hubraum , 8,5 PS) häufig in Rot lackiert war, nannten ihn die Engländer „Telefonzelle“.

Auch Motor-Rollstühle stehen hier im Rampenlicht. Gut 40 Varianten solcher motorisierten Hilfsfahrzeuge sind zu sehen, viele mit Ilo oder Sachs-Anbaumotoren, die zwischen 50 und 250 cm³ haben. Die leistungsstärkeren Motoren hatten bis zu 14 PS, womit die Rollstühle dann Höchstgeschwindigkeiten bis 85 km/h erreichten! Bekannte Marken wie Krause Duo (Leipzig, DDR), Velorex (Pamik, Tschechoslowakei) oder Meyra (Vlotho, Deutschland) stehen hier neben Fahrzeugen unbekannter Hersteller wie Grewe-Schulte-Derne (Lünen), Deutsche Orthopädische Werke (DOW – Berlin) oder Hurst (Stuttgart / Mannheim).

Museumseigner Bert Grimmer hatte das Glück, einen Hurst 250, Baujahr 1949, aus dem Dornröschenschlaf zu wecken. Der Hust 250 hat Platz für zwei Erwachsene und wird von einem 250 cm³ ILO-Motor (6PS) angetrieben. Gebaut wurden 49 Fahrzeuge, heute sind nur noch zwei bekannt –  beide stehen in der Vehikelsammlung. Es werden auch einige historische Motor-Rollstühle von Meyra gezeigt, heute der weltweit bekannteste Rollstuhlhersteller und Lieferant von Rehamitteln. So ist auch der Meyra Typ 55 Roadster aus dem Jahr 1953 zu bewundern, der einzig bekannte Kleinwagen für Körperbehinderte. Ausgestattet mit einem 245 Kubik-Einzylinder Zweitaktmotor (7,75 PS) erreichte das Fahrzeug eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h. Genug für kleine Fluchten in grauer Zeit.

Vehikelsammlung Eppelheim, Lilienthalstr. 17, 69214 Eppelheim,  http://vehikelsammlung.de/ueber-das-museum/