Mit dem jüngst renovierten Flaggschiff A8 will Audi trotz e-tron-Offensive noch mehr Geld verdienen. (Foto Audi)

Einsteiger-Audi A1 und Q2 sind beliebt bei ams-Lesern. Bringen aber zu wenig Geld in die Kassen

Bei der Marke mit den vier Ringen macht sich offensichtlich „frevelhafter Übermut“ breit und es kommt „Selbstüberhebung“ dazu: Zwar richtet sich das  nicht gegen die Gottheit, wie der Duden die Hybris definiert, sondern gegen den Kunden. Natürlich nicht gegen die wohlhabende Klientel auf dem Weg zur teuren e-tron-Mobilität. Tatsache ist: Mit A1 und Q2 wird trotz mutiger Einpreisung laut Audi-Chef Duesmann weniger verdient, als mit dem Designobjekt A5/A7 oder einem noblen A8. Doch häufig sind der Kleinwagen und das propper-kompakte SUV jene Einsteiger-Typen, die neue, jüngere Käufer zur Marke führen oder bei der Entscheidung zum Zweitwagen oben auf der Liste stehen.

Dass die noblere VW-Tochter mit der mütterlichen Entschlossenheit unterwegs ist zur E-Mobilität bildet sich beim Modellangebot ab. Da macht sich e-tron immer breiter und hat für schmalere Geldbeutel nichts im Angebot: das Zweitlabel e-tron startet bei 69 100 Euro und führt zum Beispiel flugs für den RS e-tron zu mindestens 140 000 Euro. Diese neuen High-Tech-Generationen mit satten E-Motor-Leistungen können nicht billig sein. Sie zielen auf die Upper-Class-Klientel, wie der jüngst überarbeitete Audi A8, dessen pfeil-elegante Erscheinung mit mindestens 97 800 Euro bezahlt werden will. Dagegen wirken die Audi-Werte im Kompaktformat wie Habenichtse, sind es aber im Charakter überhaupt nicht: Ab 21 400 Euro gibt es in sehr präsentem Auftritt den A1 Sportback und der Q2 im Outfit des konzentrierten SUV für vergleichsweise schlanke 26 700 Euro.

Wohl im Zuge der generellen Transformation von Audi hin zur Elektromobilität mit Nobel-Touch verlautbarte jüngst die VW-Konzern-Marke, ihre Modelle Audi A1 und Audi Q2 seien zum Auslaufen bestimmt. Zwar hat Audi seinen Modell-Köcher durchaus mit neuen Pfeilen bestückt, aber die meisten davon sollen die E-Mobilität ins Ziel tragen. (Eine emotionale Ausnahme ist der neue Audi A3 RS Sportback mit dem legendären Fünfzylinder.) Zeitnah zu dieser Aufstockung des Altenteils in Ingolstadt veröffentlichte unser automobiles Muttermilchblatt die Ergebnisse seiner „Leserwahl BEST CARS 2022“. Über 100 000 Leser hatten sich der Mühe unterzogen, einen umfangreichen Fragebogen auszufüllen. Und für Audi liegen Ergebnisse vor, die manchen Audianer womöglich zum Grübeln animieren könnten: Denn die Marke hat dem Votum der Leser folgend wenig Grund zum Jubeln. Zwei Siege gehen zwar in den zwölf Kategorien in der Gesamtwertung an Audi.

Und die Marke schaltet brav dazu die Doppelseiten-Annonce mit der Headline „Kompakt. Klasse“ für den erstplazierten Audi Q4 e-tron in der Kategorie „Kompakte SUV“. Glückwunsch dazu von unserer Seite. Der zweite Siegerkranz wird dem Gewinner der Kategorie „Kleine SUV/Crossover“ gewunden: Allerdings ist das der künftig nach seinem Auslaufen nicht mehr offerierte Audi Q2 mit Verbrennerantrieb. Damit streicht Audi fünfzig Prozent seiner Leserwahl-Gewinner und bereitet auch dem anderen gut platzierten, kompakten Ringe-Modell das Ende vor. Denn der in seiner jüngsten Generation weniger pummelig und eher schnittig angerichtete A1 landete bei der „ams-Leserwahl“ auf einem herausragenden zweiten Platz in der Kategorie „Kleinwagen“, hinter dem VW Polo. Ausgerechnet die beiden Audi-Modelle mit dem höchsten Zuspruch der ams-Leser sollen also aus dem Modellprogramm verschwinden. Beim intensiveren Studium der ams-Gesamtwertung wird deutlich: Audi hat in der Gunst der ams-Leser nichts gewonnen. In der Beziehungsbilanz ist weder vom A4, noch vom größeren A6 und auch nicht vom (bisher) nobel-unterkühlten A8 oder von den großen SUV Q7 oder Q8 zu lesen. Neben den bereits erwähnten Ringe-Typen tauchen in der Ergebnis-Gesamtwertung nur der Audi A3 (Kompaktklasse/hinter BMW Zweier Coupé), der A5 Sportback (Mittelklasse), dann der Audi e-tron GT (Obere Mittelklasse) sowie der R8 (Sportwagen) auf. Nun mag es sein, dass mitunter e-tron-Versionen bereits angejahrte Verbrennertypen verdrängt haben. Ob damit die gesamte Population der Audi-fans in die hoch gelobte Reise ohne CO2-fahren mögen, erscheint unsicher. Immerhin könnte Audi, so die e-tron-Riege wirklich einschlägt, noch besser verdienen. Das ist der Marke durchaus zu gönnen. (wp.)