18. November 2021
Beobachtungen auf der A9, wo es um Mut zur Lücke geht, im Krimi mit KHK Sörensen und Irritationen im deutschen Automarkt, der unter der Chip-Krise leidet
Aus Schwabing raus, über die Hochbrücke Freimann, hinter uns München und weiter weg den Dunst vor der Alpenkette im Rückspiegel, da war das schwarze Biest noch nicht da. Das änderte sich etwas später auf der vierspurig nach Norden rollenden Karawane bei Garching. Da war aus dem zähen, aber verlässlichen Fließen das zähere Anhalten-Losfahren-Anhalten geworden. Fast Stau auf allen Spuren. Fast alles dicht. Ein normaler Vorgang zum Ende des Arbeitstags. Alle kennen das, sehen es ein und es liegt die kultivierte Resignation über der BAB A9. Alle? Nein, jetzt ist das schwarze Biest zu sehen. Der mattlackierte Smart fortwo schlägt Haken beim Spurwechseln, keine Lücke ist ihm zu knapp, kein Sprung zu gewagt, rein nach links, zweihundert Meter weiter, nach ganz rechts vorbei, ein Laster blökt, aber da ist das 2,70-Meter-Gefährt schon wieder unterwegs weit links, Mut zur Lücke hat die Person am Lenkrad, in der Holledau ist Smart zwanzig Autos vor uns, noch immer ist alles träge und zäh, wir kennen hier eine wunderbare Wirtschaft. Servus, Stau, bis später, ein gemütliches Alkoholfreies und der Erdäpfelsalat mit Gurke ist hier immer eine Abfahrt wert.

Weniger gemütlich ist im gerade gelesenen Krimi der erfolgreiche KHK Sörensen unterwegs. An der Nordseeküste, hinterm Deich, da ist mords was los, auf der Täterjagd sitzt er meist in seinem alten Volkswagen: „ Er startete den Motor und der alte Passat  brauchte zwei Anläufe, das rechte Hinterrad drehte kurz durch, dann schoss Sörensen aus dem Graben, …“ Der irritierte Leser folgert: Alter Passat, meist als waschechter Fronttriebler unterwegs, dann dreht kein Hinterrad durch. Oder KHK Sörensen fährt einen seltenen Syncro, dann als Variant, mit permanentem Allradantrieb, aber dann dreht höchst selten bei diesem System ein Hinterrad durch. Oder der Autor benötigte nur ein Bild um die Sörensen-Dynamik zu definieren. Na ja, auch gut.

Ganz schlecht lief im Oktober 2021 der deutsche Automarkt. Weil wegen fehlender Elektronikteile (Chips/Halbleiter) viele Autos nicht gebaut, nicht geliefert und nicht zugelassen werden konnten, kamen im Vergleich zum Oktober 2020 fast 35 Prozent weniger neue Autos auf deutsche Straßen. Das merkt man nicht, aber mindestens gut 30 000 Exemplare der etwa 180 000 Neuzulassungen wurden permanent elektrisch angetrieben, das E-Auto erreichte einen Zulassungsanteil von gut 17 Prozent: Tesla Model 3, VW ID.3, VW e-Up, Renault Zoe und Smart EQ Fortwo sowie Skoda Enyaq IV waren in dieser Reihenfolge am beliebtesten. Unter den zehn Erstplatzierten der Elektro-Liste war kein teurer Edel-Stromer zu entdecken. (wp.)

29. Oktober 2021
Wir erinnern Joe und Ines, grübeln über die Chip-Krise, filetieren die Statistik und blättern im „Innovations Issue“ von „ams“
Mein erster Ciroen 2CV gehörte Joe und Ines. Ich durfte ihn fahren, wenn die beiden turtelten auf der Alm. Das war eine klapprige Kiste, aber mit vier Türen und einem kargen Innenraum, der roch wie eine kranke Ziege. Joe widmete sich schon immer Autos, die nicht jeder fuhr, und er galt über Jahre hinweg  als der schönste Junge an unserem Gymnasium, und Ines war seine launische Göttin an unserer Schule. Bis Joe dicker wurde und dann Mercedes fuhr.

Aber das ist nicht die Geschichte, die hier erzählt werden sollte. Immerhin war der „Döschwo“ im Kern eine faszinierende, bewusst spartanische Mangelerscheinung, es fehlten ihm Leistung, Luxus und jene Lieblichkeit, die aus der unbedingten Zuverlässigkeit entsteht. Mit Joes 2CV blieb ich noch öfter liegen, als mit meinem späteren Ur-Mini, der mehr Defekte entwickelte, als er Teile hatte. Aber eigentlich geht es hier um die zentrale Verwerfung in der aktuellen Autoszene. Und damit ist nicht das unaufhaltbare Aufkommen der E-Autos gemeint. Die sogenannte Chip-Krise lässt Produktpläne abstürzen, Aktienkurse fallen und Statistiken verkommen. So sind die deutschen Zulassungszahlen aktuell ziemlich wertlos. Volkswagen beklagt den Ausfall von 800 000 Autos, die nicht gebaut (und nicht geliefert) werden können und die große Stiefmutter Stellantis vermisst 600 000 Exemplare. Weil die massenhaft installierten Halbleiter nicht im Haus produziert werden und die Lieferketten nicht funktionieren. Dafür läuft der Fiat 500e von Januar bis August 2021 mit flotten 7151 Stromexemplaren zu den Kunden. Doch wird er düpiert vom VW e-Up, dem VW ID.3, dem Tesla Model 3 und dem Hyundai Kona Elektro, den vier meistverkauften E-Autos, die zusammen in acht Monaten auf rund 68 000 Exemplare in Deutschland kommen. Insgesamt erreichen die Stromer mitsamt dem Renault Zoe (12 220) bisher für 2021 immerhin gut 203 000 Neuzulassungen. Was im August 14,9 Prozent E-Anteil ergab.

Unerwartet kritisch kümmerte sich „auto, motor und sport“ mit einer „Sonderausgabe Innovation Issue“ um das elektrische Fahren und legte den gesamthaft doch begeisterten E-Finger auf die Wunde „Ladeleistung“: Von knapp 42 000 Ladepunkten schaffen 40 000 nicht mehr als 50 kW-Ladeleistung. Damit sind nach zehn Minuten Ladearbeit höchstens 50 km im sparsamen E-Auto zu schaffen. Wobei wir allerdings nicht glauben, dass die (im „Innovations Issue“) zu Vergleichszwecken genannte Durchschnittszeit für einen Benzin- oder Diesel-Tankvorgang korrekt sein kann: 610 Minuten haben wir nur einmal an einer Tanke verbracht. Aber da kollabierte auch plötzlich das gesamte elektrische System in dem „Döschwo“ von Joe in einem tirolerischen Schneechaos. Und Ines wartete auf der Alm. (wp.)

6. Oktober 2021
Reiches Land im Stau: Benzin immer teurer, Staus noch länger, Autos am Himmel, Werbung ist heute staunenswert, und Werbung war früher schöner oder: mit mehr Romantik
Es ist ein Wochentag ohne Besonderheiten. Wir sind auf Reisen und kriechen auf der A8 nach Norden, der interessierte Blick offenbart nur Neues auf Rädern. Alles neu macht das Geld, kein Auto älter als vier Jahre, grob geschätzt, kaum Kleinwagen, keine Rostschüssel dabei, alle in gutem Lack, gepflegte Mobilität, viel Geld ist hier unterwegs. Das war vor zehn, fünfzehn Jahren noch anders. Auch neue Autos alterten früher, stumpfer Lack und Rost waren unterwegs. Dann laufen wir eine Tanke an. Was für Preise! Der Liter Sprit für fast zwei Euro, ein Hunderter für den vollen Tank, bitte nicht umrechnen in die gute alte D-Mark, aber niemand regt sich auf, alle tanken mit großer Ruhe, die langen Schlangen verzweifelter Briten vor Augen. Im Auto auf dem Beifahrersitz dann in Zeitschriften geblättert. Da gibt es offenbar neue Kundschaft für Mercedes: Doppelseite, auf den roten AMG GT 4-Türer Coupé stolpert ein dunkelhäutiger, schlecht rasierter Mann zu, zahlt wohl mit barer Knete auf die Kralle, im roten Mantel-Anzug und auf Gummischuhen mit Saugnäpfen, unter der Zeile: Stark trifft auf Luxus. Na ja, ein paar Seiten weiter verspricht Skoda: Grenzenlose Abenteuer. Dabei war für uns Skoda immer die Marke ohne abenteuerliche Vorgänge. Na gut, alles ändert sich, anderes Magazin, neues Glück. Doch, der Mini in seinen aktuellen Ausführungen hat sich schön gemausert, da ist kein Zufall am Werk. Nur dem Werbetexter scheint da etwas durcheinander geraten zu sein. Denn es wird gepriesen „breiter Radstand fürs MINI-typische Gokart-Feeling“. Gemeint ist wohl „eine satte Spurbreite“, weil der breite Abstand zwischen den Rädern auf einer Achse das Auto lässig und sicher auf der Straße hocken lässt. Und der „Radstand“, der  dem Fahrwerk die Ruhe und dem Innenraum die lichte Weite gibt, er wird als Abstand zwischen Vorder- und Hinterachse definiert. Aber der abgebildete „ESTATE“-Schriftzug auf den „Side Scuttles“ ist schon toll. Ähnlich faszinierend erscheinen die schwebenden EQS-Derivate von Mercedes, geradezu entrückt schweben sie im Irgendwo, wie einst die „Schweine im Weltall“. Aktuell werden diese (war das bei „Klimbim“?) ja von Milliardären und russischen Filmemachern abgelöst. Was soll das?, haben sich wohl auch etliche Besucher dieser verkrampften IAA Mobility 2021 in München gefragt. Aus alter Printwerbung wissen wir, wie gut für Werbung fotografiert und schlicht schön so ein Saab mal war. Der 900 turbo 16 S 3türig und das 900 turbo 16 Cabriolet, aufrichtige Vierzylinder, von Frankfurt nach München und zurück ging nicht ohne Tanken, eine Anmutung in Design und Qualität wie für die Ewigkeit. Was, verdammt, nicht für die Marke galt. Auf der A8 nach Norden hat uns gerade ein viertüriger 900i überholt. Was einem nicht alles ein- und auffällt auf der deutschen Autobahn. Nur: Rasen ging wieder nicht. (wp.)

16. August 2021
Vor der Radlermaß: Im Stau sind alle gleich und der Protest einer Minderheit
Für den Mann neben mir auf der Überholspur muss es die Hölle sein. Wir bewegen uns mit Stop-and-Go seit einer Stunde auf der Autobahn aus München kommend in Richtung Altmühltal. Er in seinem wunderbaren Mercedes 6.3/V8 mit Macholeistung und Biturbo: Automobile Pracht im Stundenstau. Ich in meinem bescheidenen Opel Astra Kombi (ja, Kombi!) mit einer schönen Chromspange am Dach. Wir sind Teile der Verlangsamung einer munter eingebremsten Mobilität, die freilich nur für den Bruchteil des Jahres auf dieser Strecke ins Stocken gerät. Aber wir sind hier und heute wie Brüder. Wahrscheinlich wären hier auch sechs Spuren für ein paar Tage des gesamten Jahres wie alter Honig im Kopf der Zügigfahrer. Da hilft auch die starke Sternmaschine nur wenig. Immerhin hat der V8-Mann seine eigene Strategie: Er lässt von Zeit zu Zeit mehr Abstand als nötig und schließt dann mit Gebrabbel und Getöse wieder die Lücke. Klar ist, dass er so keineswegs schneller vorankommt, aber seine Limousine im matten Grau der alten Schlachtschiffe wirkt schon gut, im Vergleich zu unserer Chromverzierung. Auch im mickrigen Astra rauscht die Klimaanlage, aber bei 35 Grad Plus auf der A9 bin ich alsbald durchgeweicht wie ein Bierdeckel. Deshalb geht es an der nächsten Abfahrt raus. Astra und ich kennen hier einen Biergarten, mit Kastanienschatten, mit kühlem Kies und einer Radlermaß im nassen Glas. Hinter uns der V8-Biturbo. Wir nehmen zwei Krüge, plaudern über die Entdeckung der Langsamkeit und über den Streik von Lokführern. Dann fährt der V8 wieder hoch und schließt schon auf dem Parkplatz jede Lücke. Es gibt immer einen Trost.

Ich hatte schon gezweifelt. Es sollte doch die Automesse IAA wieder gelesen werden, ab 2021 in München, weil letzthin Frankfurt 2019 als Desaster gilt, zum ersehnten Ende des Coronaspuks. Und keiner wollte sich wegen des Autotreffs erregen, keine Proteste im Anflug, keine Aufgeregtheiten, wie langweilig das. Damit hat es jetzt ein Ende. Denn es gibt noch „Sand im Getriebe“: Das gleichnamige „Aktionsbündnis“ möchte sich im September (IAA-Termin im kleinlauten Kompaktformat vom 7. bis zum 12. September als „Mobilitätsplattform“) dem „Auto-Wahnsinn in den Weg stellen.“ Ja mei, sagt der Dackelwanderer, dös is doch nix Neis, die Leit kaffa halt Autos, gell Waldi, mir holn uns jetzt eine Brotzeit und warten drauf, wie unsere Ordnungskräfte mit der Drohung umgehen. Wobei die Münchner Polizei in ihrer Stellungnahme schon für Klarheit sorgte. „Unfriedlichen Protesten“ werde „umgehend begegnet“ und „Rechtsverletzungen werden verfolgt“, heißt es in einer Zeitungsmeldung. Dass sich davon „Sand im Getriebe“ beeindrucken lässt, das ist nicht zu erwarten. Weil Elektroautos keine Lösung seien und eine radikale Verkehrswende gefordert wird. Eigentlich ist das Getöse dieser arroganten Minderheit im Schutz der Selbst-Legitimation nur eine Randnotiz. Unbelehrbarer Autogegner zu sein ist keine Mission für die Ewigkeit. (wp.)

21. Juni 2021
Schnelle Freiheit auf zwei Rädern: Von Risiko, Lärm und der Toleranz im Drehgriff
Wer draußen lebt, der lebt gefährlich. Vor allem, wenn er auf Wegen geht, die als Toleranz-Zonen ausgewiesen sind. Denn das unerwartete Böse ist immer und überall. Schnelle Radler waren schon immer nicht die Freunde der langsamen Fußgänger. Dieser Gegensatz hat sich jüngst verschärft durch den technischen Fortschritt: Während Schusters Rappen eher gemächlich trottet, sind die boomenden E-Biker wohl gemeinsam der Eile verpflichtet. Womöglich ist der leistungsfähige Mensch doch in seinem Inneren auf der ewigen Suche nach der Geschwindigkeit und Begrenzungen derselben nimmt er nur hin, wenn der Arm des Gesetzes sonst nach ihm greift. Aber für das Sausen mit dem E-Bike scheint es keine Grenzen zu geben. 40 km/h auf einem schön geteerten und zwei bis drei Meter breiten Weg zwischen den Wiesen hindurch kosten einen ambitionierten E-Biker nicht einmal ein Lächeln. Auch verbissene Pedaleure jagen ohne motorische Hilfen und Scheu dahin und überholen nach dem Prinzip Hoffnung die lahmen Zu Fuß Gehenden. Dabei sind diese der lautlosen Gefahr in kürzester Frist ausgesetzt: Bei 40 km/h legt der geräuschlose gleitende Zweirad-Ritter in jeder Sekunde rund elf Meter zurück. Selbst bei 30 km/h sind das noch immer gut acht Meter. Das heißt, er taucht aus einer Kurve hinter der Fußgänger-Gruppe mit der Plötzlichkeit des Unheils auf und vertraut darauf, schon irgendwie fliegend gleich vorbei zu kommen. Meistens geht das glimpflich aus, aber älteren Fußgängern sitzt dann noch oft der Schreck im Nacken.

Eher die Panik kommt in manchen Gärten am Ortsrand auf. Eben haben sich Opa und Oma mit den Enkeln im Garten des einst idyllisch gelegenen Ruhestands-Eigenheim eingefunden. Da bricht  hinter den Rosenbüschen am Straßenrand das donnernde Risiko los: Beim Verlassen des Kreisverkehrs einmal nur kurz den Gasgriff aufreissen, bis knapp über dem verordneten Tempo-Limit beschleunigen, ran an 8000/min und dann wieder den Zockeltrab einschalten, das sollte die Umwelt doch aushalten, meinen die braven Superbiker. Ja, meint Oma, das schon im Einzelfall, aber an schönen Sonntagen zählen wir 500 dieser Mörder-Beschleunigungen, und dann noch die vielen kleinen Kreischer, die sind das heulende Elend, sagt Opa und nimmt seine Hörgeräte aus den Ohren. Dann kann er zwar kaum hören, aber wieder lächeln. Vor allem über den viel zu toleranten Gesetzgeber. Schnelle E-Bikes und höllische Motorräder, alle gewiss im gesetzlichen Rahmen unterwegs, und dennoch jenseits alltäglicher Mobilität. Wobei tatsächlich immer ein Mensch mit Herz und Hirn am Gasgriff dreht. (wp.)

24. Mai 2021
Dreier-Klatsche für Wolfsburg
Es ist die Woche, in der VW-Wolfsburg drei eingeschenkt wurden. Drei im Heimspiel gegen Mainz (2:3), drei in der neuesten Ausgabe von auto, motor und sport.  Es geht, wie hier an anderer Stelle schon thematisiert, um die neue Bedienarchitektur. Also um Sliden, Touchen und Sonstnochwas und Mängel bei der Sprachsteuerung – die wichtigsten guten alten Tasten und Drehknöpfe sind weg. Vor allem Letztere vermisst man sehr, wenn es beispielsweise nur um eine Kleinigkeit geht – wie das Einstellen der Radiolautstärke. Und genau da setzt, seit Monaten schon, die Kritik an. Dauerfeuer in einschlägigen Medien. Prallt das eigentlich an Wolfsburg ab? Steht, in diesem Fall, anders als beim VfL im Mainz-Spiel, die Verteidigungslinie so wie der früher gerne gespielte italienische Catenaccio?

Doch zurück zu ams. Auf Seite 44 der Ausgabe 12 ist beim Seat Leon, der ja das Wolfsburger Entertainment verbaut hat, von „Schwächen“ die Rede. Gemeint sind die Wisch-und-Weg-Bewegungen. Weiter geht es auf Seite 56, den ID.4 betreffend. „Qualität und Bedienung passen nicht zum selbstbewußten Preisniveau.“ Auf Seite 63 wird es, das Audi S5 Cabrio betreffend, noch deutlicher: „Dass eine neue Technologie allerdings nicht per se Verbesserungen mit sich bringt, zeigt das Thema Bedienung“. Vermisst wird der alte MMI-Drehknopf, moniert wird die starke Ablenkung vom Verkehr. Was, wie „carsandcritcs“ schon einmal im Falle Tesla berichten musste, bei einem Unfall rechtliche Probleme (für den Fahrer wohlgemerkt) zur Folge haben könnte.

Prallt das alles ab an Wolfsburg? Und: Wie geht das weiter bei Volkswagen-, Audi-, Seat-. und Skoda-Modellen? Dies alles sind Massenautos und man kann nur hoffen, dass nicht allzu viele von ihnen demnächst im Blindflug unterwegs sind. (wip.)

7. Mai 2021
Autonomes Fahren für Reiche, Diesel-Rechtsanwälte nerven und Einfach-Hybride schlagen die teuren Stromer
Das „autonom“ fahrende Auto ist ein Phantom. Und womöglich bleibt es ein Trugbild, wobei der Schritt zum Wahnbild nicht weit ist.  Doch zur Zeit ist es noch eine Wunschvorstellung. Bei den Autokäufern? Von wem, das wissen heute höchstens jene, die damit künftig (noch mehr?) verdienen wollen. Deshalb wird auf Teufel komm raus investiert, und dann muss es nur noch verkauft werden. Aber an wen? Denn die Vorstellung, wirklich unabhängig, also autonom fahren zu können, ist schon ein wenig irre. Es gibt kein Auto und kein individuelles Mobil-Mittel, das in Menschenhand unterwegs und weniger autonom ist: Die Abhängigkeiten des autonom fahrenden Autos sind noch viel massiver und charakterbildender, als es der Einfluss eines menschlichen Fahrers sein kann. Es regieren nämlich über Vehikel und Fahrer irgendwo gespeicherte und zum fehlerfreien Funktionieren verdammte Programme, Sensoren und Schaltkreise. Aber nichts, was  Menschengeist ersinnt und erschafft, ist frei von Murks. Das liegt vor allem am Teufel, der im Detail steckt, am Radler, der die Einbahnstraße missachtet,  und heute unsere Zentralverriegelung lahm legt. In einer Stunde, spricht die Erfahrung, macht sie wieder das erlösende Klack.

Das Argument, automatisiertes Fahren diene vor allem der Verkehrssicherheit, löst sich bei näherem Blick im Dunst der Verhältnisse auf. Womöglich stimmt das sogar, aber wer wird sich die künftigen Autonom-Modelle leisten können? Natürlich die Autofahrer der reichen Länder. Aber 93 Prozent der weltweiten Verkehrsopfer werden nicht in diesen, sondern in ärmeren Ländern verzeichnet. Und dort herrscht häufig auf den Straßen blanke Anarchie.

Ach, was sind banalste Dinge uns da im stauigen Maien-Verkehr zwischen Frankfurt und  Wiesbaden durch das Köpfchen gegangen. Zum Beispiel die Frage, ob es nicht doch allmählich reichen könnte mit der stacheligen Rechtsanwalt-Werbung: Wegen Diesel-Skandal, immer mehr Autos davon betroffen, jede Menge Schmerzensgeld, dem Konzern das Fell über die Ohren ziehen- oder so ähnlich. Auch dafür gibt es eine Schmerzgrenze, auch für geldschürfende Rechtsanwälte. Und offenbar eine für umweltbewusste Autokunden: Diese griffen im März vor allem nach Hybrid-Autos, deren Zulassungen übertrafen die Anteile der E- und der Plug-in-Hybrid-Autos deutlich. Denn mit den Einfach-Hybriden ist auch Einfach-Fahren, ohne fummeligen Kabelanschluss, ohne irgendwelche Lade- oder Wartezeiten, keine teuren Stromabrechnungen, aber auch mit nur wenig Verbrauchsverringerungen. Was sich hier einsparen lässt, wird auch ohne Hybrid-Aufwand mit Routine und Köpfchen zu erfahren sein. Oder durch Verzicht: Gestern 8278 Schritte erreicht, das iPhone zählt mit, zweimal zum Einkaufen, einmal mit Otto, dem munteren Hund, immer nicht mehr als Fußgänger, sondern als zu Fuß Gehender, trotzdem Nass geworden im Regen. Das perpetuum mobile aber lässt noch auf sich warten. (wp.)

5. April 2021
Die Doppelmoral der Autofahrer
Autos mit Winter-Saison-Kennzeichen werden wieder eingemottet, Cabrios werden gelüftet, Biker rollen mit ihren Maschinen wieder raus – der Frühling setzt die Mobilität in Gang. Und diese Frühlingsgefühle verleiten dann schon mal dazu, wieder etwas mehr aufs Gaspedal zu treten oder den Drehgriff weiter aufzuschrauben. Doch auch andere packen ihre Gerätschaften wieder vermehrt aus: Polizeibehörden sind nun häufiger mit Tempomessgeräten unterwegs. Angst vor einer Kontrolle muss man allerdings dann nicht haben, wenn man sich (einigermaßen wenigstens) an die geltenden Regeln und Vorschriften hält.

Um andere und im Umkehrschluss auch sich vor einem der ach so gemeinen „Blitzer“ zu schützen, gilt es als besonders kollegial, per Lichthupe vor einer drohenden Kontrolle zu warnen. Dies ist dann rein rechtlich gesehen eine missbräuchliche Benutzung der Warneinrichtung und keine Form von Nächstenliebe. Autofahrer hilft Autofahrer? Ist das wirklich so? Die Doppelmoral dieses Tuns entlarvt sich aber womöglich in fataler Weise, wenn man selbst Opfer eines Rasers oder, schlimmstenfalls, das eigene Kind oder die Oma totgefahren wird. Dann verschwendet man keinen positiven Gedanken mehr ans Blitzer-Warnen, dann dreht sich die Meinung ins Gegenteil. Und darüber soll man durchaus mal nachdenken (wip.)

25. März 2021
Von der Freude am Marder, der Schnuckeligkeit des Fiat 500e und der Liebe zu diesem Land
Unser alter Alfa Romeo läuft seit Jahren ohne jegliches Mucken. Rostfrei, nach fast 25 Jahren schonenden Betriebs mit Garagenbehütung, km-Stand bei knapp 60 000, keine Geräusche vom Getriebe, von Achsen oder Lagern, der 2-Litermotor ist ein frecher Hund, er dreht noch immer ohne Kümmernis hoch, und mit seinen Kanten und Sicken ist der Tipo 146 der Gegenentwurf zum aktuellen Pompösdesign. Allerdings erlebten wir jüngst den ersten Stotterbetrieb: Unerwartet signalisiert die Störungsleuchte den Defekt, der Motor schnurrt nicht mehr, dann alles auf roter Kontrolle, der Alfa röchelt auf dem Heimweg. Erbarmen. Mit ganz wenig Gas nehmen wir die letzte Steigung, erreichen fast ohne Schwung den Hof, gewinnen die Garage. Dann Motor aus. Springt später doch wieder an, der Gute. Im Leerlauf runter den Berg, hin zu unserem Reparateur mit den Zauberhänden. Der Alfa bleibt dort über Nacht, wir trotten heim und salben die Seele mit einem Gläschen Primitivo. Viel günstiger als Barolo. Da war ein Marder dran, ruft es am Morgen heiser aus der Werkstatt, es ist wahrscheinlich der Erd- oder Stinkmarder, vielleicht auch der Steinmarder, jedenfalls einer aus der Familie der Mustelidae, präzisiert im öligen Overall der Mann, der ein Studierter ist. Vier Kabel waren angefressen, sie sind ausgetauscht. Der Alfa aus Italien hat wohl den deutschen Klein-Raubtieren gemundet. Ob sie wieder kommen? Nicht in die Garage. Dort könnte bald ein Fiat 500e Cabrio den Saft zum Fahren aus der Wallbox nuckeln. Im Zuge der Elektrifizierung streckt sich der formal vorzüglich gestreichelte Cinquecento jetzt auf 3,63 Meter, wirkt bullig wie ein früher Abarth und ist jener Gegenentwurf, den die massigen und hemmungslos übermotorisierten E-Muskelmänner von Audi, Porsche, BMW und Mercedes und auch von Volkswagen (das Heck des ID.4 !) offenbar nicht hinkriegen. Der Fiat mit E-Antrieb und Schiebe-Faltdach ist kein Billigheimer, wiegt (wg Batterie) fast anderthalb Tonnen, der Kofferraum ist kein Raum und über die Reichweite reden wir nicht. Dann erregt sich unsereins auch nicht mehr über die diskutierte Euro 7 und die Rufe von Umweltverbänden nach dem pauschalen Sterben der Verbrenner: Wir freuen uns, in einem Land zu leben, das sich E-Mobilität (das 9000-Euro Stromgeschenk ist nichts weniger als eine Ohrfeige für jeden Diesel-Vielfahrer!) leisten kann, in dem umweltbewegte Menschen das Ende seiner Schlüsselindustrie fordern dürfen, und das wegen seiner Freiheiten (jeder darf mitquatschen, sagte Väterchen immer) im Umgang mit Corona an der Aufgabe des Impfens zu scheitern droht. Was die Autokäufer in weiten Teilen von Afrika, Südamerika und Asien (Ausnahmen China und Japan) vom Ende des Verbrennungsmotors halten, können wir uns vorstellen. Der Fiat 500e ist so schnuckelig. (wp.)

3. März 2021
Auto des Jahres 2021 als Nations Cup : Toyota Yaris gewinnt wichtigste Auszeichnung
Toyota Yaris heißt das Auto des Jahres 2021. Ein klarer Sieger, wie die Tabelle der ausgezählten Stimmen der Car-Of-The-Year-Organisation (COTY) zeigt. Stimmen – das ist hier das Stichwort. Und da sei es schon mal erlaubt, einen erweiterten Blick darauf zu werfen. Und zwar auf die Votings der größeren Auto-Länder. Also Deutschland, Frankreich, Italien, United Kingdom (GB) und Spanien. Ist es nun überraschend, dass der Blick mit der Lupe dabei durchaus Erstaunliches zutage fördert oder war das zu erwarten? Beispielsweise, dass die deutschen Juroren ein recht faires Abstimmverhalten an den Tag gelegt und so ein ziemlich ausgewogenes Gesamtergebnis hinbekommen haben. Das ist keineswegs ein Muss, denn Individuen unter den Fachkollegen entscheiden frei und sollen durchaus unterschiedliche Meinungen haben. Aber das deutsche Voting zeigt eine gewisse Linie auf. So erreichen hier der Fiat 500 und der VW ID.3 die meisten Stimmen. Fazit: Ein Patt. Es  gibt keinen klaren, allein durch die nationale Brille bestimmten Sieger. Ganz anders sieht das in Großbritannien aus. Denn dort rangiert, wie könnte es anders sein, das mit zur Wahl stehende LandRover-Produkt sehr, sehr weit vorne. Britannia rules the Waves! Und in Italien? Wenn auch äußerst knapp und nicht so nationalistisch: Der Fiat 500 macht’s, das Auto aus dem eigenen Land. Spanien? Cupra Formentor heißt der haushoch überlegene Sieger. Viva Espana! Und Frankreich? Ha, ein Japaner ist der Sieger, das landeseigene Modell Citroën C4 rangiert deutlich dahinter. Obwohl: Wo wird denn der Yaris eigentlich gebaut? Siehe da, die Tricolore weht vor dem Werk. Es steht in Valenciennes, Frankreich. (wip.)

22. Februar 2021
Den E-Autofahrern scheint die Sonne
Der Winter ist ein Graus. Zumindest für jene, die ein batterieelektrisch betriebenes Auto besitzen. Denn  schon Außentemperaturen um die Null Grad Celsius machen dem elektrifizierten Teil zu schaffen. Das gilt nicht nur für die „Normalos“ unter den E-Personenkraftwagen, sondern auch für die hochgezüchteten Teile, egal ob sie nun von Tesla oder einem anderen Premium-Hersteller kommen. Denn es gilt für alle: Sehr kalte Temperaturen lassen Akkus erlahmen. Übrigens nicht nur bei E-Autos, das gilt (schon länger, und deshalb ist das Ganze auch weder neu noch überraschend) für Smartphones,  akkubetriebene Kameras und anderes mehr. Die, beschreiben wir es mal einfach und technisch nicht ganz korrekt, Kälte-Leistungsverluste beziffern sich dann auf 20, 30 oder gar 40 Prozent. Was im Umkehrschluss bedeutet: Ein E-Auto, das unter Normalumständen 350 km weit kommen sollte, schafft dann vielleicht nur rund 200 km, im schlimmsten Fall weniger.

Doch nicht nur das. Ist der Akku erkaltet, nimmt er auch beim Laden weniger Energie auf. Das Nachtanken kann somit länger dauern. Daran ändern offenbar auch so genannte Batterieheizungen wenig, diesbezügliche Klagen gibt es von Besitzern unterschiedlicher Marken und Typen. Im hohen Norden hängen die E-Fahrer ihre Mobile oft ständig ans Netz, in unseren Breiten ist das mangels ausreichender Stationen nicht immer möglich.

Was soll uns das nun alles sagen? Ganz einfach: Elektromobilität funktioniert, aber möglicherweise zu bestimmten Zeiten nur eingeschränkt. Wer damit rechnet und sich darauf einstellen kann und das auch noch toleriert, der kommt gut zurecht. Wer aber meint, er kann seinen Akku immer nach WLTP-Werksangabe voll nutzen, der hat ein Problem. Was aber mittlerweile gelöst ist. Nicht technisch, vielmehr dadurch, dass es wieder wärmer geworden ist. Die Sonne ist derzeit der E-Besitzer bester Freund. (wip.)

18. Februar 2021
Keine Loipe im Garten, mit Corona-Maske im Auto und elektrisches Fahren von Ford aus Köln mit Volkswagen-Technik
Und wenn der ganze Schnee verbrennt: Getaut ist heute die weiße Pracht hier zwischen Spessart und Odenwald. Wir hatten schon eine ansehnliche Loipe in den Garten gelegt. Mit einer schönen Schleife. Aber den Schießstand fürs Biathlon hatte die  Frau des Hauses verhindert. War eh keine Knarre im Haus. Aber egal, Schnee weg und Loipe sowieso. Vielleicht neue Probe für den Langlauf im März. Gewachst sind die schnellen Latten schon mal.

Das wurde jetzt aber auch Zeit: Mehrere Bundesländer (Berlin, Sachsen und demnächst das Saarland) holen die Corona-Maskenpflicht ins private Auto. Zunächst nur dann, wenn unterschiedliche Haushalte drin sitzen. Zum Schutz vor ordinären Viren und deren gefährlichen Mutanten. Verhüllen darf sich allerdings niemand am Steuer, da greift ein Verbot, das für alle Lenkpersonen gilt, und Maske plus Perücke und Sonnenbrille sind auch tabu. Wer im Tempolimit fotografiert wird, der soll auch zu erkennen sein. Wenn es denn der Gerechtigkeit dient und das Auto als Ort des individuellen Rückzugs vor der Corona-Kollision noch erhält.

Auweia, das schmerzt: Corona-bedingte Einschränkungen beim Verkaufen und Zulassen hat im Jahr 2020 alle Autohersteller zurückgeworfen, aber besonders Ford. Minus 30,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr 2019 weist die Statistik aus, kaum einer war härter getroffen, aber immerhin gingen noch gut 194 000 Ford über die Theke, das reichte für Platz 5 vor Skoda, Opel und Renault. Denn der noch neue Ford Focus fand rund 53 000 frische Besitzer und liegt in der 2019er Modellstatistik auf Rang 4, ein Sieg der Vernunft, die früher bei Ford mal ein Werbe-Slogan für großbürgerlichen Erfolg war. Das könnte sich künftig noch verstärken: Denn die in Amerika wieder erstarkte Marke pampert ihren deutschen Stammsitz mit einer Milliarden-Dollar-Investition für die Produktion des ersten Voll-Elektro-Vehikels für den privaten Einsatz. In Köln wird der wirklich lecker designte Fiesta gebaut, von dem immerhin im Katastrophenjahr etwa 34 000 Exemplare in Deutschland neu verkauft wurden. Aber der Kleinwagen wirft nur relativ kleine Erträge ab. Da liegt es nahe, den für Europa gedachten E-Ford dort zu positionieren, wo die Verkaufsmusik spielt: Bei den kompakten SUVs, und zudem greift die E-Kooperation mit Volkswagen. Von dort kommt die Basis für den Elektro-Ford. ID.3 und ID.4 sind damit schon unterwegs. Was es nicht alles gibt, aber von Ford wohl erst 2022/23. Immerhin eine gute Botschaft für das traditionsreiche Kölner Werk.

Für „Wolfis Garage“ haben wir den Subaru 1800 4WD in seiner Stufenheck-Version abgestaubt. Er hätte uns in den reichlichen Schnee der Mittelgebirge führen sollen. Mit seinem Boxermotor und dem zuschaltbaren Hinterachsantrieb, summierte sich alles zum sehr hilfreichen Allradmoment. Aber Tauwetter ist dazwischengekommen. Freilich konnte uns bei Sonnenschein und Frühlingstemperaturen die Frau des Försters noch zu einem verschneiten Hohlweg führen. Für den Subaru gilt: Alter kapituliert vor Tiefschnee nicht. (wp.)

2. Februar 2021
Erinnerungen an den Vergaser, die Liebe zur erschreckenden Kargheit alter Traumwagen und die technische Flüchtigkeit im Hattinger-Krimi
Jüngere Generationen von Autlern können mit diesem Motorteil gar nix anfangen. Dabei hatte der Vergaser alle Möglichkeiten um den Autofahrer in den Wahnsinn zu treiben. An ihm hing (und hängt noch immer in begehrenswerten Oldtimern) der Lauf des Motors. Denn der muss gefüttert werden und zwar nicht nur mit Benzin, sondern mit einem verbrennungstüchtigen Gemisch aus Benzin und Luft. Dieses Gemisch anzulegen, das war die Aufgabe des Vergasers. Heute haben das längst Einspritzanlagen übernommen, die erst mit dem Aufkommen der geregelten Katalysatoren ihren Modell-Flächendeckenden Siegeszug antreten konnten. Beim Diesel waren sie längst im Einsatz, als die Benziner noch mit sensiblen Vergasern, mitunter wegen höherer Motorleistung mit Doppel- oder Vierfach-Vergasern, also mit Vergaserfabriken unterwegs waren. Einst waren es (italienische) Künstler mit Pianofingerchen, die an Vergasern wahre Wunder vollbrachten. Inzwischen sind für die nun auch komplizierter gewordenen Einspritzsysteme elektronische Steuerungen üblich. Wenn die mal nicht wollen, dann hilft auch der Ratgeber für Automobilisten nicht weiter. Er datiert ja auch aus dem Jahr 1932.

Nicht so alt, aber durchaus begehrt sind zum Beispiel die fürstlichen Fahrzeuge aus den Jahren des deutschen Wirtschaftswunders. Dazu gehören auch die SE-Modelle von Mercedes-Benz und noch besonderer die Coupé-Ausführungen. Es sind wunderbare Wagen, meist in den Farben der Eisbecher am Gardasee, zum Beispiel in einem glühenden Blaumetallic der Körper und das Dach im Elfenbein der damaligen Einbauküchen, Weißwandreifen außen und beiges Leder innen, alles im zarten Alter von etwa 56 Jahren, aber picobello restauriert, der Preis bei Classic Trader knapp unter 50 000 Euro. Wie bei fast allen Wunderwagen aus diesen Zeiten ist der nähere Blick lehrreich: Der klassische Luxuswagen aus der Vergangenheit ist ein nackter König. Es mangelt nicht an Schönheit, aber alles, was unser heutiges Autovergnügen befeuert, das hat er nicht, also keine: Servolenkung, ABS, Airbags, Klimaanlage, Sitzheizung, elektrische Fensterhebel, Zentralverriegelung, kurz, alles fehlt, was mit Elektrik oder Elektronik zu tun hat. Die Erfahrung hält Trost bereit: Alles, was ein Auto nicht hat, das kann auch nicht kaputt gehen.

Kaputt ging einem der zentralen Unholde im flotten Krimi „Hattinger und die Schatten“ (Pendragon Verlag) auch der Versuch, mit dem Auto eines seiner Opfer abzuhauen. Das ging schief, weil der auf Seite 286 inhaltlich definierte, teure und bestens ausgestattete „VW-Bus T5 Multivan, DSG Highline 4Motion …“ auf Seite 303 in den Händen des alsbald selbst gerichteten Mörders bei zügiger Fahrt plötzlich stehen geblieben war. Zum Glück, so der Krimi-Text, hatte der Wagen genug Schwung gehabt, der Flüchtige rasch reagiert, „sofort die Kupplung getreten“ und den „Bulli“ in eine Seitenstraße rollen lassen. Der Motor war trotzdem nicht mehr zu bewegen, aber das musste auch so sein: Wenn der feine VW T5 tatsächlich in der vom Händler notierten Ausstattung unterwegs war, dann konnte der flüchtige Verbrecher gar keine Kupplung treten, um den Schwung zu nutzen. Denn der T5 mit „DSG“ fährt dann mit der „Automatik der Neuzeit“ (berechtigtes VW-Eigenlob) und das famose Doppelkupplungsgetriebe hat gar keine Kupplung, die der Fahrer treten könnte. Aber den flüchtigen Täter erwischt es ein paar Seiten weiter dennoch. (wp.)

20. Januar 2021
Zwischen Kälte, Küche und dem angeblichen Boom der E-Autos / VW opfert den E-Golf
An Tim Mälzer, dem angeblich besten Koch des Landes weist in der Küche überhaupt kein Rezept, und an den E-Autos führt nur auf der Autobahn ein sicherer Weg vorbei: Der wird als Überholspur bezeichnet und wird von den allermeisten batterielektrisch angetriebenen Fahrzeugen gemieden. Der gute Grund dafür: die optimistischen Papier-Reichweiten der teuren und tonnenschweren Vehikel taugen nicht für die zügige Reise. So ist etwa die Normreichweite des Polestar 2 ein leeres Versprechen: 470 km soll das Batterieauto der 60 000-Euro-Klasse aus der Volvo-Gruppe schaffen, im FAZ-Fahrbericht ist jetzt von 300 km die Rede, bei „kommoder Fahrweise.“ Das sind dann um die 110 km/h und die taugen nicht für die linke Spur der leeren A81. Selbst mit unserem alten 240 Kombi laufen wir bei gemächlichen 150 km/h auf die schönen Teslas auf, füllen die Rückspiegel der Strom-Bestseller aus dem Jahr 2020, das diesen dank überbordender Staats- und Hersteller-Förderung einen angeblichen Boom bescherte.

Immerhin rund 395 000 neue Elektro-Personenwagen fanden im vergangenen Jahr zu den geförderten Kunden. Aber Halt, gut 200 000 Exemplare davon gehören zur Spezies der Hybride, werden also zusätzlich, wenn Not im E-Auto mit fährt, vom Verbrenner befeuert. Es verbleiben also knapp 200 000 Autos, die ausschließlich von der Batterie am Laufen gehalten werden. Und wenn die nicht mehr in Saft und Kraft steht, dann wird es eben kalt in der Karre: So erlebt von einem E-Auto-Fahrer im Schnee. Etliche Stunden im Stau konnte sich der die Zeit mit dem fröstelnden Betrachten des fallenden Strompegels vertreiben. Als sein Vehikel dann frei gepflügt wurde, musste es abgeschleppt werden: Die Batterie war leer. Gut, das kann einem auch im Benziner passieren, aber die Leerlaufzeit mit der Energie aus dem Tank reicht im Vergleich fast zum Frühlingsbeginn. Wobei dieser durchaus Lust auf Strom machen kann: Denn der spaßig zu bewegende Renault Zoe ist der elektrische Hit des Jahres 2020, über 30 000 Exemplare lieferten die Franzosen an den deutschen Markt, das reichte dicke für den ersten Platz. Auf dem zweiten Rang ein Auto, das es neu nicht mehr geben soll: Weil der einfach zu bedienende Batterie-Golf (knapp 17 500) bei VW nicht mehr in die neue Identität passt, wurde er flugs gestrichen und trotz Kundenprotest dem flotten Duo aus ID.3/ID.4 geopfert.

Eine Entscheidung, die der Generation Golf den Weg zum VW ID.3 erleichtern soll, immerhin landete dieser erst seit ein paar Monaten ausgelieferte VW hinter dem Tesla Model 3 auf dem vierten Platz, mit etwa 14 500 neuen E-VW im kantigen Schwung der Zukunft. Hinter Hyundai Kona und dem Smart Fortwo liegt der VW Up auf Rang Sieben, vor BMW i3 (eigentlich schon ein Veteran der E-Auto-Szene) und dem Audi e-tron mit gut 8000 Einheiten. Auf Platz Zehn stromert der neue Opel Corsa. Und es wird zumindest beim Präsentieren der 2021er-E-Modelle weiter zügig vorangehen. So hat Mercedes schon einer handverlesenen Journalistenschar erste Prototypen seines heute elektronisch präsentierten EQA-Stromexemplars vorgestellt: die Basis des bei rund 40 000 Euro positionierten Kompakt-SUV mit Stern soll für massenhafte Strombegeisterung sorgen. Aber vielleicht ist Tim Mälzer doch der beste Koch in diesem Land. (wp.)

13. Januar 2021
Mit dem guten Gustl werden wir schlauer. Im Darknet der Defekte.
Wir haben einen Freund, der ist trotzdem Automechaniker. Eine Seele von Mensch: Sagt man das überhaupt noch? Eigentlich ein Samariter, ein Schutzengel im öligen Overall. Natürlich will er bezahlt werden, aber selbst Professor Sauerbruch soll seine Notas gestellt haben. Allerdings hat der Mechaniker-Mann mit den helfenden Händen und den pfiffigen Ideen jetzt aufgegeben. Er findet den entscheidenden Fehler nicht in unserem japanischen Kleinwagen, der unter verschiedensten Einsatzbedingungen – egal ob kalt, warm oder heiß, unter Last oder im Schiebebetrieb, bei langsamer oder zügiger Fahrt, nach fünf oder fünfhundert Kilometern Strecke, umstandslos seinen Betrieb einstellte. Ein kleiner Ruck und die Karre hungerte sich im Notprogramm zur Werkstatt. Unser Freund hatte halbe Tage und Nächte an den Fehlercomputern verbracht, alles ausgetauscht, was sich tauschen ließ, zum Ende hin war nur der komplette Motor übrig, als letzte Einheit, nach Einspritzung, Ventilen, Pumpen und Filtern und jeglichen Fahrprogrammen. Jetzt ist der verzweifelte Mann, schon in seinen mittleren Jahren, am Ende. Wir verschrotten jetzt das Auto und sagen ihm: Schau Gustl, es hätte schlimmer kommen können.

Wie beim Rupert zum Beispiel, dem Stadler, der sein etwas längeres Haar jetzt in einer Tolle trägt, und ernsthaft versucht zu erklären, dass er als Chef von Audi irgendwie von seinen Diesel-Technikern nicht ausreichend informiert wurde. Oder es nicht verstanden hatte. Oder wollte. Vielleicht ist Stadler aber auch ein Opfer von Normverbräuchen, von diesen VW-Konzern-Vorgängen und der dieseligen Motoren-Eigenheiten, dass sie im Alltag nicht nur das nicht verbrauchen, was geplant, sondern auch das nicht einhalten, was vorgeschrieben wurde. Das versteht nur ein Autofahrer, der mit ziemlich viel Vollgas unterwegs ist und dann erstaunt einen Spritverbrauch von zwölf statt sechs Litern ausrechnet. Merke: Kein Auto wird immer mit dem gemessenen Normverbrauch unterwegs sein. Wenn der Fahrer fährt und nicht der Prüfstand. Da kann man dem Rupert Stadler doch keinen Vorwurf machen. Wenn er als Audi-Chef (der „Nichttechniker“) mal mit unserem Mechaniker-Freund ein bisserl herumgeschraubt hätte, wäre alles einfacher. Aber hat er nicht.

Da ist es wie bei der neuen S-Klasse. Die ist nach ihrer schönen Premiere im September 2020 kaum bei den hoffentlich nachsichtigen Kunden, da gibt es schon einen (wohl peinlichen) Rückruf: 1400 ausgelieferte und unter dem besten Stern fahrende Exemplare sollen zur Prüfung in die Werkstatt, weil irgendwelche Schrauben im Lenkungs- und Fahrwerkgefüge nicht so halten, wie versprochen. Das ist zwar eintrüblich für den Glanz des Sterns, aber für unseren Schrauber-Guru ein Grund zur Freude: Es geht halt nicht alles mit Künstlicher Intelligenz und mit digitalen Abläufen, sagt er in Richtung Apple (und Hyundai), ein Auto ist ein komplexer Organismus in Bewegung. Fast wie ein Mensch, sagt er mit nassen Augen und blättert in seinem „Ratgeber für Automobilisten“ aus dem Jahr 1932, es geht um die Frage: Welche Fahrstufe soll man bei einer Talabwärtsfahrt einschalten? Es antwortet Index 331: “Man schaltet jene oder die nächst niedere Fahrstufe ein, die man für die Bergauffahrt hätte einschalten müssen.“ Mit dem Gustl wird ein jeder schlauer. (wp.)

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