Für eine Mobilität ohne Abgase, aber mit welcher Zukunft: VW ID.3 im Werk Zwickau / Foto VW

 Volkswagen setzt (fast) alles auf die E-Auto-Karte / ID.3-Produktion ist gestartet / Schon im nächsten Jahr 100 000 neue E-Vehikel / Aber für wen?

Deutsche, fahrt mehr mit Strom: Früher wurde so für Fisch geworben. Das war zum Segen der Meeresbewohner nicht sehr erfolgreich. Heute sollen sich die deutschen Autobesitzer und Autofahrer von ihrem Benziner und von ihrem Diesel verabschieden und einsteigen in die Zukunft der Elektro-Mobilität für alle und alles.

Bei Politikern, Wirtschaft und Interessen-Verbänden herrscht die grüne Einigkeit: Mit massenhaft verbreiteten Elektro-Autos soll die Luft in den Städten besser und das Klima gerettet werden. Gleichzeitig erheben sich immer mehr Kritiker mit Zweifeln an dem Projekt Klimarettung durch die Steckdose. Doch Volkswagen setzt fast alles auf diese Stromkarte, denn Optimismus war schon immer die wichtigste Grundstimmung der Auto-Branche: „Die E-Offensive von Volkswagen nimmt Fahrt auf“, verspricht die PR-Abteilung des weltweit größten Autoherstellers und jubelte in diesen Tagen über den Start der (relativen) Groß-Serienproduktion des VW ID.3 im einstigen, überwiegenden Golf-Werk Zwickau. Einstiegspreis für den Basis ID.3: Circa 30 000 Euro.

Zumindest viel Geld hat VW für seine Liebe zu den großen Zahlen schon mal in die Hand genommen: Rund 1,2 Milliarden Euro (zur Verdeutlichung: 1200 Millionen) schluckt die Umrüstung der Verbrenner-Autofabrik in eine Strom-Autofabrik. Mit dem einzigen Ziel: E-Autos sollen in Großserie von den Bändern rollen: „Zwickau wird zum größten E-Auto-Werk Europas“ verspricht Volkswagen und es „übernimmt eine Vorreiterrolle“ im Produktionsnetzwerk.

Und es geht laut VW-Planung zügig zur elektrischen Sache: Schon 2020 stromern danach aus Zwickau rund 100 000 E-Modelle vom Band, und ab 2021 machen sich nach VW-Planwirtschaft „bis zu“ 330 000 Fahrzeuge im Jahr unter dem Label ID.3 emissionsfrei auf den Weg ins angestrebt weniger bedrohte Klima. Für den entschlossen auf E-Autos fixierten VW-Konzernchef Herbert Diess bringt der ID.3 „einen wichtigen Beitrag zum Durchbruch der E-Mobilität.“ Da wollte Kanzlerin Angela Merkel nicht kleinlich sein, reiste zum ID.3-Start vor dem abendlichen Autogipfel in Berlin noch rasch ins nahe Zwickau. Und sie führte gute Botschaft zur elektrischen Mobilität heran: „Wir werden als Bund dazu erhebliche Anstrengungen unternehmen“, stellte Merkel in Aussicht. Dabei geht es um einen Masterplan für mehr Ladesäulen (Innerhalb von zehn Jahren, bis 2030 soll eine Million öffentlicher Ladepunkte am Netz sein), und um ein Milliarden-Euro-Subventionsprogramm. Damit hat sich die bisherige E-Verweigerung des deutschen Autofahrers laut Politikerplan in begeisterte Zustimmung zu verwandeln. Bisher hat das nicht geklappt. Immerhin wird seit etwa zehn Jahren intensiv über die E-Mobilität diskutiert und trotz eines 1,2-Milliarden-Fördertopfes (von dem noch etwa 680 Millionen übrig sind), blieben die E-Zulassungen recht überschaubar: Zwar berichtet VW von „35 000 internationalen Kunden“, die per Anzahlung schon den Kauf eines ID.3 gebucht hätten. Das aber ist etwa die Menge, die VW vom Golf in zwei Monaten auf dem deutschen Markt aus den Showrooms zum Kunden schiebt. Unter dem Strich bleibt zunächst das Prinzip Hoffnung am Leben: Keiner weiß, ob die E-Auto-Rechnung nicht doch ohne den Kunden gemacht wird und ob nicht alle unschuldigen Steuerzahler für eine klimabewegte und keineswegs von Armut bedrohte Kundschaft in die Subventionspflicht genommen werden. Denn um den Kunden hat sich bisher keiner gekümmert, es gilt also doch: Deutsche fahrt endlich ab auf Strom! (wp.)