So hängt die e-Version des VW Golf am Strom. Doch die Produktion ist eingestellt. In die Zukunft fahren ID.3 und ID.4 (Foto Volkswagen)
Von diesem VW Golf fällt der Abschied schwer
Der Elektroversion trauern nicht nur jene nach, die sich mit VW ID.3/ID.4 nicht anfreunden können.
Es war einmal ein kompaktes Automobil, das sich bei einer ungewöhnlich breiten Kundenschaft größter Beliebtheit erfreute. Der Name: Golf, auch ohne Volkswagen ein Begriff. Das „war einmal“ impliziert bereits, dass es sich nicht um das jetzt am Markt befindliche, achte Modell handelt, sondern um den Vorgänger. Den der war, sieht man einmal vom unglückseligen Auftritt des City-Stromers der 90er Jahre ab, auch in einer reinen Elektroversion im Angebot. Und er war über sieben Generationen hinweg der Multi-Kulti-Wagen: Einer für alles und für alle. Der deutsche Generationenvertrag auf Rädern. Das gehaltene Mobilitäts-Versprechen mit Elektrokraft: Reinsetzen und Losfahren. Fortschritt ja bitte, aber keine Experimente. Und selbst der schon 2012 mit der Generation VII losstromernde e-Golf fand seine Steckdose bei einer überwiegend zufriedenen Kundschaft.
Aber mit Einführung der neuen Golf-VIII-Generation wurde alls anders. Denn dieser wurde (und wird) wegen seiner als umständlich, ablenkend und mitunter mangelhaft dienlichen Bedien-Architektur weit und breit getadelt. Und deshalb war er für einen bestimmten Käuferkreis nicht mehr sonderlich begehrenswert. Doch seit alle wichtigen Derivationen (GTI, GTD, GTE) auf dem Markt sind hat der Golf VIII letztlich Fahrt aufgenommen, doch schon wurde für den e-Golf flugs die Zielflagge geschwenkt: „Der Volkswagen e-Golf ist Geschichte“, teilte die Presseabteilung mit. Wohl war hier bei VW der Vater des Streich-Gedankens: Liebe Kunden, lasst Euch den ID.3 oder gleich den ID.4 schmecken, denn wenn sich VW soviel Mühe macht mit der Strom-Zukunft, dann verabschiedet euch vom e-Golf!
Schließlich schnurrte tatsächlich der fast schon etwas betagte, aber gut eingewöhnte e-Golf noch reichlich zur Kundschaft. Allein für 2020 in Deutschland summierte sich das auf 17 438 verkaufte und zugelassene Einheiten. Warum so viel? Auf die einfache Frage gibt es die einfache Golf-Antwort: Weil er trotz seiner nur mäßigen, für viele Besitzer aber vollauf genügenden Reichweite das repräsentierte, was immer zu den herausragenden Golf-Eigenschaften zählte: Gutes Platzangebot, sehr gute Verarbeitung, hervorragendes Fahrverhalten, hohe Materialqualität und einfache, intuitive, wenn nicht gar perfekte Bedienung. Die beiden letzten Punkte sind es vor allem, die der Nachfolger, ohnehin nur noch als Verbrenner (und als Hybrid)  am Start, so nicht bieten kann. Erstaunliche 17 438 verkaufte e-Golf-Modelle – auf so viele Verkäufe haben es im Jahr 2020 andere Elektro-Auto-Anbieter nicht einmal in der Summe gebracht. Weder Hyundai noch Kia, weder Mini noch Smart, weder Tesla noch Mercedes oder BMW, mehr also als alle, die sich am 9000-Euro-Förderprogramm berauschen. Nur Renault konnte, dank des Zoe, die Wolfsburger überholen.
Dass Volkswagen mit 46 193 verkauften E-Modellen die Nummer 1 der deutschen Akku-Auto-Welt ist, hat man dem jetzt aufs Altenteil verbannten e-Golf zu verdanken. Denn der hat sich besser verkauft als der e-up (10 839), der ID.3 (14 493) und der quasi noch gar nicht beim Kunden angekommene, aber schon im Vorlauf befindliche ID.4 (2 400).
Natürlich muss man der Zukunft den Weg bereiten und es ist ebenso natürlich, dass nach einigen Jahren auf ein altes ein neues Modell folgt. Aber: Hätte dieser e-Golf nicht die Blaupause sein können für ein etwas weniger progressives Vorgehen bei VW? Für einen gewohnt guten VW Golf mit dem unaufgeregten Alltagscharakter und frischester E-Technik? Wahrscheinlich werden diese Zweifel zerstreut, wenn die ID.’s ihr erstes volles Verkaufsjahr hinter sich haben und neue Zulassungs-Bestmarken bei den Stromern setzen. Der Fortschritt ist gewiss nicht aufzuhalten, aber eine gewisse Wehmut bleibt. (wip./Co-Autor Wolfgang Peters/wp.)