Die R-Gruppe von Volkswagen ist eine eilige Familie: Für gut 51 000 Euro fährt der Golf R 2.0 TSI Variant vor. Das ist viel Geld für einen Golf, aber wenig Zaster für dieses High-Tech-Paket im arglosen Kombi-Kleid. 320 PS und 420 Nm bei 2100/min (!) aus zwei Liter Hubraum führen über Abgasturbolader, Allrad und Siebengang-DKG zu 250 km/h und in knapp fünf Sekunden auf 100 km/h. Für 100 km verkostet der Benziner 7,2 Liter als Gesamtverbrauch. Und die Pauken und Trompeten sind auch dabei. Ab 2035 soll es das nicht mehr geben. (Foto Volkswagen)

Mit dem Ende des Verbrenners werden die deutschen Motor-Trumpfkarten zu wertlosen Nieten

Das E-Auto ist wohl nicht mehr zu verhindern. Dabei weiß keiner wirklich, was es fürs Klima nutzt, aber: „Einer muss mit dem Abschied vom Verbrenner beginnen.“ Das sagen vor allem jene in Europas wichtigster Industrie, die in Entwicklung und Fortschritt der Verbrennungsautos nicht auf der sonnigsten Seite fahren. In Wirklichkeit haben die Förderer und Forderer des E-Antriebs nur eins im Sinn: Nämlich den Verbrennungsmotor, egal ob Diesel oder Benziner, auf den Schrottplatz der Mobilitätshistorie zu werfen. Dabei dürfte es dem Weltklima ziemlich egal sein, ob in Deutschland tatsächlich nur noch Strom-Fahrzeuge unterwegs sind.

Das Jahr 2035 gilt dafür als allgemeine Deadline in Europa, der Diesel fährt wohl schon früher seinem politischen Ende entgegen. Dafür gibt es zwei Gründe: Seine ungerechte Beschimpfung als „Stinker“ und seine Hightech-Herkunft aus deutschen Landen. Beide Etiketten wird die effizienteste Verbrennungs-Maschine nicht mehr los. Dass der Diesel mehr mobile Energie aus der Ressource Erdöl macht, als jede andere Antriebsform wird nicht mehr beachtet. Moderne Ottomotoren, die Benziner also, sind so sparsam und dank raffinierter Reinigungstechnik für die Abgase so sauber, wie noch nie zuvor. Sowohl die Leistungsausbeute als auch die erzielbare Reichweite mit einem Liter Diesel oder Benzin scheinen keine wichtigen Größen mehr zu sein. Dagegen spielt die Herkunft der besten Verbrennungsmotoren aller Zeiten hinter den Kulissen der Weltverbesserungswütigen eine immer größere Rolle: Nirgendwo sonst auf der Welt werden kleine oder große Diesel- und Benzinmotoren in ähnlicher Vielfalt und vergleichbarer Effizienz gebaut als in Deutschland. Natürlich entstehen auch anderswo tolle Verbrenner in Europa oder Asien. Aber in der Summe sind die Benziner und Diesel aus deutschen Landen die Trumpfkarten der deutschen Autoindustrie. Kleine Spar-Dreizylinder, größere Viertöpfer und charismatische Sechs- und Achtzylindermotoren (letztere werden schon immer seltener) bilden das kräftige Herz der deutschen Autoindustrie. Ohne ihre Verbrennungsmotoren (und ihre Peripherie wie Einspritzung und – nicht zu vergessen – Abgasturbolader und weitere Aufladesysteme)  wandeln sich die High-Tech-Fabrikate aus München, Stuttgart (zwei Adressen), Wolfsburg oder Ingolstadt beinahe zu charakterlosen Beliebigkeits-Erzeugnissen. Denn die sonstwo gefertigten E-Motoren haben zwar mächtige Schubkraft, aber ihre Charaktere sind immer gleich. Und deshalb auch immer gleich fade. Auch fehlt es ihnen an gefühlter Leistungsentfaltung, die erst in den Händen des geübten Fahrers im Zusammenspiel mit fast schon perfektioniert tätigen Getrieben zu erleben ist.

Der Wandel zum E-Auto ist die größte Gefahr für die wichtigste deutsche Industrie: Ihre im Verbrennungsmotor begründete Identität geht verloren und Strom und Elektromotor sind gut für seelenlose Mobilität. Aber sie taugen nicht für die Faszination des Automobils. Es sind andere Produkte, die da auf uns zukommen. Mit der Liebe zum Auto haben sie nichts mehr zu tun. (wp.)