Im Track-Modus: Die Alpine A110 ist nicht gut zu Dicken …

… die Kraft des Blau-Machens ist zurück aus der Zukunft und die Vergangenheit hat doch recht, denn, zum Anfang der siebziger Jahre war der blau lackierte Mythos von der Faszination des David-Prinzips geboren. Aus dem Nebel der Erinnerung fährt der neue Leichtgewicht-Sportwagen in seinen ersten Sommer der unerhörten Wiedergeburt: Die frechste Alpine A110 aller Zeiten ist wieder da, mit 1103 Kilo hockt sie auf den Rädern und der Heckmotor drückt mit 252 PS und klingt wie tausend wilde Teufel, die endlich ins Fegefeuer der nackten Landstraße wollen, um …
.. denn die Alpine 110 des Jahres 2018 ist kein Abziehbild, keine nostalgische Kopie, sondern konsequent auf Fahrer und Beifahrer in komprimierter Form zu geschneidert, mit einem Mittelmotor wegen des knackig-agilen Fahrens, mit knappen Überhängen vorne und hinten, und einem Dachaufbau der zierlich und kuppelig und nun doch etwas nostalgisch wirkt und hinten hockt verborgen tatsächlich der Motor, und weil ihn keiner sehen kann, bullert und schreit und kreischt er zwecks Aufmerksamkeit…

… dass die Mutter der neuen Alpine die freundliche Renault-Gesellschaft ist, zeigt sich in der Preisliste. Ein bisschen Verständnis für das abhängig beschäftigte Volk darf noch immer sein. Aktuell locken zwei Versionen, technisch ziemlich ident, die Alpine A110 Pure will mit 54 200 Euro entlohnt werden, sie ist den eher fitness-orientierten Piloten zugedacht und die Romantiker sollen nach Alpine-Vorstellungen zur Version Légende greifen, die freundlicher tapeziert ist und deshalb für schnuckelige 58 000 Euro zu haben ist. Das ist für den sentimentalen Fahrer noch immer ein feiner Tarif, immerhin ist er mit einer wahren Legende unterwegs, die ihn beim Rein-Raus zur Demutsverbeugung zwingt und dann …
… sinnliche 4,18 Meter misst der Zweisitzer in der Länge, in der Höhe ist er unter dem Gürtel, der heranwachsende Tassilo, der Zwei-Meter-Mann mit den Eichenarmen, dem Nacken von Billy dem Bullen und den Oberschenkeln vom Müller Gerd zu seinen besten Zeiten, der Tassilo scheitert wegen seiner antrainierten Körpermasse an der Schuhlöffel-Alpine, schade, er wird in seinem Camaro folgen müssen …
… auf Tastendruck gibt der 1,8-Liter-Vierzylinder einen trommelnden Startlaut von sich und blubbert wie eine große Maschine mit riesigen Töpfen. Er protzt direkt auf und an der Hinterachse, da geht kein Quäntchen Kraft irgendwo verloren, bei 6000/min gibt es 252 PS und von 2000/min an drückt das maximale Drehmoment das blaue Leichtgewicht in die Linien des Horizonts, und der Motor schreit wie entfesselt und die Abgase brennen heiß und scharf und wenn wir nach oben schalten, dann entfaltet sich ein Bildnis des aggressiven Klangs, den kein autonomes Auto und kein E-Vehikel jemals bieten wird, das kann nur ein völlig asozial denkender Verbrenner am Rand eines hysterischen Anfalls:
Es protzt und prasselt am Auspuffende bis hinein in das Handschuhfach, irgendwo klirrt eine vibrierend gespannte Saite, es gibt beim Gaswegnehmen vor der Kurve ein paar bewusst hinein konstruierte Fehlzündungen: Das Track-Programm wird geschärft, mit einem Gewichtheber-Ruck knallt sich das Auto aus dem Stand in seine dynamische Form und Motor und Getriebe stoßen unter voller Last in Gang 1 und 2 ein gesamthaftes Paffwaff heraus, und sie begrüßen Schaltstufe 3 mit einem kräftigen Klonk-Wumm, dann muss schon der vierte Gang mit einem ruhigen Knuffmuffdunk rein, weiter mit Vollgas, es geht vorwärts mit einem entschlossenen Borrk-Bomms, die Gangwechsel für fünf, sechs und sieben sind jeweils begleitet von einem mächtigen Wommwomm und es wirkt ein betörender Rhythmus des Fahrens, dessen Takte von hinten kommen, irgendwo direkt hinter der Sitzlehne wird das Orchester gefoltert, die Ohren des Fahrers leiden, aber er liebt es. Aus dem Stand werden 100 km/h nach 4,5 Sekunden abgeschüttelt und die Gendarmen von Saint Tropez werfen ihre verkohlten Blitzer in den Graben, denn …
… und David liegt vor Camaro-Goliath im Ziel und holt die Schleuder mit den faulen Eiern heraus … (wp)