Klar als Strom-Modell zu erkennen: Volkswagen ID.3
Viele E-Autos kommen hyperaktiv daher / Vielleicht wäre es besser, die Autos von morgen eher nach dem Geschmck der älteren Klientel einzukleiden
Wenn es um BEV geht (das steht für Batteriy Electric Vehicles), um Elektroautos also, dann denkt man als Kunde in erster Linie an Akkuleistung, Reichweite und Preis. Stimmt aber womöglich nicht. Denn es gibt noch ein anderes Kriterium, das wichtiger sein könnte, als man gemeinhin so glaubt: Das Design. Das Thema taucht immer wieder mal in den Leserbriefspalten der Auto-Fachblätter auf, meist wird witzig, in erster Linie aber sehr eindeutig argumentiert. Tendenz: Warum müssen E-Auto eine eigene Formgebung haben – und dann womöglich eine skurrile, die nicht dem Geschmacksempfinden der meisten Kunden entspricht?  Dr. Peter Huber, ein Schweizer, macht sich dazu in der Auto Zeitung seine Gedanken und hält mit seiner etwas ketzerischen Meinung ganz und gar nicht hinterm Berg. „Haben die Designer von Renault, aber auch von BMW und Citroën eigentlich gemeinsam die Vorgabe erhalten, dass neue BEV zwingend potthässlich sein müssen?“
Denkt man ein wenig über die Klage des Eidgenossen nach, fallen zumindest noch ein, zwei andere Hersteller ein, die elektrische Fortbewegung ebenfalls auf – sagen wir – recht eigenwillige Weise inszenieren. Vor allem aber sind es ein paar Studien, Exponate, die für die Serie avisiert sind, aber eher wie Typen des noch weit entfernten Jahrgangs 2051 anmuten. Sitzt Captain Future heute schon hinterm Lenkrad?
Wie aber kommt es, dass das Outfit vieler E-Autos so hyperaktiv daherkommt? Der Grund ist relativ einfach: Marketingstrategen meinen, wenn ein Auto Zukunftstechnik an Bord hat, dann soll es auch so aussehen, wie man sich gemeinhin optische Zukunft vorstellt. Anschauungsmaterial fand sich dazu schon früher in Perry-Rhodan-Heften, in der einst kultigen Zeitschrift Hobby oder in den zu Papier gebrachten Vorschlägen eines gewissen, mittlerweile verstorbenen Luigi Colani. Und wer sich nicht an radikale, einer Mehrheit von Autofahrern nicht vermittelbare Formen wagt, der zaubert seinen E-Auto-Kreationen zumindest einen abwegigen Kühlergrill ins Gesicht – oder lässt diesen, der Windschlüpfigkeit wegen, gleich ganz weg. Wobei: Eine Attrappe wäre ja denkbar. „Wer sich so ein Auto, also so ein Zukunftsmodell kauft“, heißt das gängige Totschlagargument der angeblichen Branchenkenner, „der möchte auch zeigen, dass er  s o  einen Wagen fährt.“ Wirklich?
Daran darf stark gezweifelt werden. Vor allem, weil längst nicht alle Hersteller derart progressiv vorgehen wollen. Sind deren Marketingexperten nahe am Renteneintritt oder denken sie einfach realistischer? Tesla zeigt da teilweise Zurückhaltung. Volkswagen hat beim kommenden ID.3 einen Mittelweg gewählt: Klar erkennbar, dass der Neue ein Elektrischer ist, ein wenig futuristisch, aber noch so akzeptabel gestylt, dass die kaufkräftige, ältere Klientel nicht gleich fluchtartig das Autohaus verlässt. Auch Hyundais Kona ist ein gutes Beispiel für eine wenig schreckhafte Umsetzung, vom Normalmodell abgeleitet also. Und noch ein Hersteller beweist, dass es ganz anders, ganz konventionell, aber bestens geht: Opel mit dem Corsa. Ein E-Auto ohne Attitüde, und auf keinen Fall eines, das zu einer Spaltung der Autogemeinde führt. Power-Orange-Lackierung und schwarzes Dach reichen für den erkennbaren Auftritt als E-Automobil (wip./Foto Volkswagen ).