Im Land des Dollars und des Showbusiness: Elektrisch betriebener Jaguar E-Type unweit von Pebble-Beach, alljährlich Pilgerstätte der Oldtimer-Fans. Foto Jaguar
KAPITAL ZWINGT EDLEN V12 RAUS UND POVERE E-MASCHINE REIN
Über die Verhunzung des Jaguar-Herzens erregt sich Wolfgang Peters
Was könnten sich die doch angeblich so traditionsbewussten Burschen bei Jaguar dabei nur gedacht haben? Vielleicht hörten sie aus ihrem indischen Biotop des Tata-Konzerns heraus die Euro-Dollar-Rubelscheine knistern und weil es eh in Richtung Brexit geht, da hatten sie keinen Grund mehr, sich um den Rest der Welt zu sorgen? Die neue Markenkunde mit gestörtem Traditions-Bewusstsein verstört Oldtimer-Fans, Jaguar-Liebhaber und automobile Romantiker: Für rund 300 000 Euro ist ab 2020 ein Jaguar E-Type Zero zu haben, wie es ihn aus den heiligen Hersteller-Hallen noch nie gegeben hat. JLR (Jaguar Land Rover) rüstet auf hohem Technik-Niveau (natürlich) alte E-Type-Modelle um auf den Elektro-Antrieb des Jaguar SUV i-Pace und sorgte beim Pebble-Beach-Oldie-Treffen bei der High-Society für verstörende Eindrücke. Statt einstig verbauter Sechszylinder oder des 5,3-Liter-V12 (AMS: „Renommierstück von Jaguar“) mit 272 PS und betörend melodischer Sanft- und Vornehmheit sorgt jetzt ohne jeden sympathischen Verbrenner-Sound der neue i-Pace-Antrieb im recycelten E-Type zwar für annehmbaren Vortrieb (abgeregeltes Tempo von 180 km/h) , aber doch unter Inkaufnahme etlicher Irritationen. Ein E-Type mit der poveren Kombination Elektromotor/Batterie gefährdet Charakter und Authentizität von Jaguar: Markenkultur ist auch eine Frage der Liebe zum Abgas und zur Zündfolge. Aber die von Medien verbreitete, ebenso universelle wie unverständliche Begeisterung über die Lautlosigkeit des Stromers im E-Type-Kleid (es ist ein anderes, sehr wohl vulgäres Auto!) war doch ein Erfolg: Der Strom-E-Type brachte den neuen SUV-i-Pace überall ins Gespräch. Exakt 77 850 Euro sind für den elektrischen SUV einzuplanen, das ist quasi ein Griff in die Portokasse. Nur gut, dass die ewige Schönheit des E-Type nicht unter dem schnöden E-Motor leidet, immerhin darauf wird bei JLR geachtet. Mal sehen, wann sich die ersten Elektro-E-Types ins Frankfurter Bahnhofsviertel einschmeicheln. Ob das die Traditions-Burschen bei JLR bedacht haben? (wp.)