Automarkt im Januar 2021 in Deutschland / Alle Marken dramatisch im Minus / Nur Tesla und Volvo im Plus

Wenn man den aktuellen Zustand des Automobilmarktes verstehen will, dann muss man sich der Mühe unterziehen, tief in die offiziellen Zulassungs-Statistiken von KBA (KraftfahrtBundesamt) und ACEA  (Europäischer Herstellerverband) einzusteigen. Am besten immer Anfang Februar eines jeden neuen Jahres, wenn die Januar-Performance der Anbieter veröffentlicht wird. Auch die aktuellste Absatz-Statistik aus dem Januar 2021 bietet solch einen Einblick – für viele Branchenkenner ein eiskalter Blick in den Abgrund. Gleichzeitig wird klar: Der Rückblick auf das Gesamtjahr 2020 taugt nicht zum Trost.

Fast einheitlich tiefrot durchgefärbt zeigen sich die Ergebnisse der 35 wichtigsten Marken auf dem deutschen Markt, mit nur zwei Ausnahmen. Egal ob deutsche Hersteller, Europäer, Asiaten oder der Rest der Welt – Corona und die Unwägbarkeit der künftigen Mobilitäts-Technologien haben zu erheblicher Kaufzurückhaltung und zu einem massiven Einbruch der Zulassungszahlen geführt. Nur 169.754 Pkw wurden im ersten Monat des Jahres 2021 neu zugelassen (-31,1 Prozent). 120.806 dieser Neuwagen (71,2 Prozent) wurden als gewerbliche Zulassungen registriert – hier sind nicht allein die Dienstwagen-Flotten geführt, hier verstecken sich auch die Vertriebsaktivitäten der Hersteller wie Tageszulassungen und Händleraktionen. Das heißt, weit über zwei Drittel des niedrigen Januar-Absatzes wurden nicht durch echte Kundennachfrage nach einem Neuwagen generiert, sondern durch vertriebsstrategische Maßnahmen der Hersteller. Ein gekaufter Markt.

Die deutschen Marken rutschten dabei in seltener Einigkeit ins tiefe Minus: Audi (-47,4 Prozent), Mini (-41,5 Prozent) und Ford (-41,1 Prozent) verzeichneten die deutlichsten Rückgänge, auch Platzhirsch Volkswagen rutschte massiv ab (-29,9). Bei den Importmarken war das Gemetzel noch blutiger:  Jaguar (-77,9), Honda (-70,1), Seat (-22,8),  Skoda (-20,4) – letztere sind VW-Konzern-Derivate. Die Seuche machte auch vor den asiatischen Marken nicht halt: Mazda (-60,4), Toyota (-33,9) und die zuletzt erfolgsverwöhnten Koreaner Hyundai (-49,0) und Kia  (-34,5) saßen zusammen mit im sinkenden Boot. Fiat (-14,8), Opel (-16,8) und Renault (-17,4) kamen mit einem blauen Auge davon. Einzig Tesla (+23,4) und Volvo (+9,4) konnten ihre Zulassungsergebnisse desVorjahresmonats steigern (Volvo sogar ohne seine E-Sparte Polestar).

Interessant ist der ungebrochene Höhenflug der Wohnmobile (+5,0 Prozent), das einzige Segment mit Zuwachs – die Alterspyramide (und Corona) lassen grüßen. Alle übrigen Segmenten zeigten harsche Rückgänge:  Mini-Vans (-63,6), Großraum-Vans (-55,3), Sportwagen (-43,2), Utilities (-42,0), Kompaktklasse (-32,2). Selbst die SUVs als nach wie vor stärkstes Segment gerieten in den Abwärtssog (-26,4). Bei den Antriebskonzepten waren die Benzin- (-50,3) und Diesel-betriebenen Neuwagen (-44,8) die biggest Loser,  Elektro (+117,8 Prozent/16.315 EH)  und Hybrid (+47,5 / 45.449), darunter Plug in-Hybrid (+138,3/20.588), dagegen die prozentualen Gewinner. Nach wie vor marginal: Erdgas (259 EH) und Flüssiggas (340) schrumpfen weiter (-35,5).

Wie geht es weiter? Natürlich ist der Januar traditionell ein schwacher Auto-Monat. Saisonal (Winter) und emotional (Konsum schwächelt nach der Weihnachtszeit), aber auch wegen des abgehakten Jahresabschlusses, für den der Handel von allen Herstellern zu allerletzten Zulassungs-Höchstleistungen getrieben wird – alles für die Zielerreichung! Alles für den Marktanteil! Die Höfe stehen voll mit Tageszulassungen, jetzt geht es erst mal um Stock-Abbau und Bereinigung der Bilanzen. Ab Februar kann das Spiel von Neuem beginnen. Dennoch: So voller Grausamkeiten war wohl noch kein deutscher Automobil-Januar. Sicher wegen Corona. Sicher wegen der Transformation im Antriebssektor. Also wird alles wieder gut? Oder bleibt sie nachhaltig, diese Marktschwäche?

Das Jahr 2020 in Europa: Absatzkrise von Benzinern und Diesel verschärft sich

Auch in Europa sind die Pkw-Verkäufe 2020 auf knapp 12 Millionen Einheiten stark eingebrochen (-24,3 Prozent). Rückläufig waren aber nur die Verbrenner, E-Modelle legten zu. Laut Herstellerverband ACEA ist der Anteil von Neufahrzeugen mit Otto- und Dieselmotor deutlich gesunken. In den EU-Ländern (mit Efta und GB) wurden demnach 3,1 Millionen Diesel-Fahrzeuge erstmals zugelassen (-35,2 Prozent), dazu 5,75 Millionen Neuwagen mit Ottomotoren (-37,5 Prozent). Die alternativen Antriebe kletterten um 70,5 Prozent auf 3 Millionen Einheiten. Staatliche Förderprämien (E- und Hybrid) haben im letzten Quartal des Corona-Jahres in der EU  diese Entwicklung weiter beschleunigt. Dieselfahrzeuge und Benziner kamen hier nur mehr  auf 66,0 Prozent Marktanteil (2019: 87,1 Prozent).

Wesentlicher Treiber dafür ist die Entwicklung der batterieelektrischen Fahrzeuge (BEV) und Plug-in-Hybride (PHEV). Sie kamen im Schlussquartal 2020 mit 595.570 Einheiten auf einen gemeinsamen Marktanteil von 16,5 Prozent (Vorjahreszeitraum: 4,4 Prozent) und überholten damit erstmals die Fahrzeuge mit Mildhybrid. Deren Absatz stieg im Schlussquartal 2020 auf 465.348 Einheiten, was einem Marktanteil von 15 Prozent entspricht (Vorjahresquartal: 267.516 EH). Hierin zeigt sich besonders stark die staatliche Förderung, die etwa in Deutschland die BEV-Zulassungen von Oktober bis Dezember um 500 Prozent in die Höhe getrieben hat.

Der Fokus ist zwar auf die Zulassungen von Elektrofahrzeugen gerichtet, aber es haben auch andere alternative Kraftstoffe wieder einen Schub bekommen: Ethanol (E85), Flüssiggas (LPG) und Erdgas (CNG) . Während der Marktanteil dieser Kraftstoffe im Gesamtjahr 2020 in Europa noch leicht rückläufig war (2,1 Prozent), waren sie im vierten Quartal 19 Prozent häufiger gefragt als im Vergleichszeitraum 2019. Dennoch bleibt das Absatzvolumen hier in der EU mit 69.960 Einheiten weiter gering (Marktanteil 2,4 Prozent). Das Plus wurde allerdings allein von einer höheren Nachfrage nach LPG-Fahrzeugen getrieben, während die Zulassungen erdgasbetriebener Fahrzeugen zurückgingen. (cw.)