Für einige Jahre gehörte noble Andersartigkeit zu Wolfis realer Garage. Zum Ende der 1980er-Jahre fuhren unterschiedliche Exemplare eines  komplizierten, aber ungemein reizvollen Automobils hier ein und aus: Die letzte Version des Lancia Delta HF Integrale war Höhepunkt und Endziel einer Entwicklung, die so nicht von Anfang an geplant war.

In der klaren Zeichnung von Michael Stirm tritt der Charakter des Lancia Delta Integrale in den Vordergrund. Das kann kein Foto besser. Die Stirm-Linien sind Ausdruck vom Erkennen des Wichtigen. So wie der Integrale sich im Wesen auf vorwärts konzentrierte. 

Hoher technischer Anspruch und Design im italienischen Star-Stil waren seit jeher die Merkmale des Vincenco Lancia: Das galt schon 1932 für den Augusta, auf den Aprilia, auf Ardea und Appia folgten Oberklasse-Automobile besonderen Charakters. Luxus war zu spüren, Fortschritt und Extravaganz definierten die Marke : Lancia erfand im Augusta die selbsttragende Karosserie, brachte im Ardea den überhaupt ersten V6-Motor und setzte mit der vornehmen Flaminia den Maßstab für unterkühltes Prestige im Maßanzug. Dabei hatte Lancia trotzdem seine Moment der Hitze. Die Marke hatte sich früh im Rallye-Sport engagiert, und dominierte am Ende der 1960er und zu Beginn und Mitte der 1970er Jahre den internationalen Top-Zirkus mit Rennwagen auf abgesperrten Straßen des Alltags.

In welchem Umfang davon die exclusiven Lancia-Autos für Jedermann profitierten, das wird ein Geheimnis bleiben. Offen ist lediglich, dass die Lancias zu ihren guten Zeiten immer umgeben waren von jener feinen Noblesse des Alltäglichen, die nur Italienern zu eigen ist. Als 1979 der neue Lancia Delta antrat, gesegnet mit dem ewig gültigen Stilempfinden  von Giorgetto Giugiaro, war keine Rede von einem Rallye-Monster. Aber die kompakte, viertürige Heckklappen-Limousine mit der dynamischen C-Säule (die für einige Audi-Typen und die ID.3 und ID.4 von VW als wieder entdeckt gelten darf) wurde nicht nur das „Auto des Jahres 1980“, sondern zehn Jahre später zum Mythos. Als mehrmals nachgeschärfte Rallye-Waffe im Profi-Sport und für den ambitionierten Herrenfahrer als ziviler Stachel im Fleisch der etablierten GTI, GSI und RS-Modelle der deutschen Hersteller. Diverse, immer extremere  Versionen als Basis für die Rallye-Homologation folgten und verwandelten den ursprünglich bescheiden-eleganten Delta in den kraftprotzigen Delta HF Integrale unter dem Zeichen des glückbringenden Renn-Elefanten. Das war kein aufgemotzter Billig-Renner: 1989 kostete der HF Integrale 16v im vollen Technik-Trimm knapp 46 000 D-Mark. Kein Geschenk für italophile Fans, aber die Ausgabe erschien lohnend. Und tatsächlich brachte sie viel Fun und maximale Bekanntschaft mit der damals besten Lancia-Werkstatt in Frankfurt. Weil der Integrale viel gefahren wurde, musste er häufig in die Hände seiner professionellen Pfleger, es war nichts wirklich Ernstes, spontan streikende Benzinpumpen zum Beispiel waren ärgerliche Kleinigkeiten. Aber das trotz kantiger Radhausbacken und aggressivem Gesicht noch immer mit ruhiger Entschlossenheit agierende Delta-Mobil war ein technisches Schmankerl: Mit 2-Liter-Turbomotor und in diesem Exemplar für Wolfis Garage mit gut 230 PS auf der Bremse ließen sich beeindruckende Fahrten und Fahrleistungen erreichen. Allradantrieb, für mehr Agilität  mit Heck-Charakter, der frisch ans Werk gehende Turbomotor und große Bremsen wie Ankerketten waren im Paket verschnürt. Dazu fügte sich die Ratlosigkeit düpierter BMW- oder Porsche-Fahrer, deren Mobile dem Antritt des HF-Delta an den alpinen Steigungen nicht gewachsen waren. Wenn der Turbolader voll atmete, dann wurde die Brust des Delta spürbar breiter. Besonders liebevoll entwickelte sich die Beziehung zu bedauernswerten Limousinen-Fahrern, die am verschneiten Arlberg in schönen Lackschuhen versuchten, ihren havarierten Nobelwagen die Schneeketten aufzumontieren. Wolfi entdeckte seinen schwachen Charakter, war mitleidlos, stoppte den Selta im Schneetreiben auf glatter Passpiste neben dem Drama und fragte mit feiner Ironie, ob er denn helfen könne? Wer bejahte, dem wurde geholfen, wer nur grunzte, darfte erleben, wie zügig ein kleiner, kantiger und offensichtlich veralteter Wagen mit knurrendem Triebwerk einfach anfuhr auf schneeglatter Fahrbahn, ohne durchdrehende Räder beschleunigte und hochmögende Cheffahrzeuge hinter sich ließ. Alles Erlebnisse aus der Vergangenheit. Alles nicht mehr wiederholbar. Wegen Audi Quattro und allgegenwärtige SUV mit 4×4. Aber trotzdem schön für Wolfis Garage. (wp./Zeichnung Michael Stirm)