ENBW gilt als einer der großen und auch eher günstigen Autostromanbieter. Derzeit wird das Ladenetz weiter ausgebaut, so wie an dieser für Wörth an der Donau (A3) projektierten Station. (Foto: ENBW)
Die Zuschüsse für den E-Autokauf fließen, das Netz der Ladestationen wächst – aber darüber wurde vergessen, dass Ladestrom in Deutschland viel zu teuer ist
Es war, ein Beispiel nur, ein kleiner Schock für viele Nutzer des Stromanbieters ENBW. Der Energieriese hat die E-Auto-Ladegebühren kürzlich kräftig angehoben – um bis zu 13 Cent je kWh. Von Bedeutung ist das deshalb, weil ENBW den Zugang zu sehr vielen, ja vielleicht sogar zu den meisten Ladestationen in Deutschland und Europa bietet und „vermittelt“. Mit Karte oder App läuft das Laden meist unproblematisch. Und dazu auch noch zu relativ günstigen Preisen. Kunden mit der Karte des Unternehmens kommen im Vergleich einigermaßen gut weg. Dies vor allem dann, wenn sie ein Abo beim Provider (monatliche Grundgebühr) oder aber, noch besser, als ADAC-Mitglied eine grundgebührenfreie Vorteils-Ladekarte besitzen. Dann fließt der Strom für 0,38 bis 0,42  Euro je kWh AC und 0,49 bis 0,52 Euro je kWh DC durchs Kabel.
Doch wenn man eine andere Rechnung aufmacht und als Beispiel einen 100-km-Verbrauch von 20 kWh ansetzt, werden zwischen 7,60 und 10,40 Euro für die 100er-Strecke fällig. Zieht man zum Vergleich einen genügsamen Diesel (6,0 l/100 km) und einen Preis von 1,40 Euro je Liter heran, dann fallen nur 8,40 Euro an. Hat man es besonders eilig mit dem Strom-Nachfassen und hält an einer Schnellladesäule an, dann können schon mal fünfzehn, sechzehn Euro für die 100 km zu zahlen sein.
Ganz offensichtlich hat der beim E-Auto sonst so spendable Gesetzgeber (Zuschuss zum Autokauf, Verzicht auf die Kfz-Steuer, Förderung der  heimischen Wallbox) übersehen, dass die Stromkosten an sich ein Hemmschuh für die geforderte E-Mobilität sein können. In die Preisgestaltung der Ladestationsbetreiber fließen nicht nur die Kosten für die errichteten Zapfanlagen ein, die sich irgendwann auch amortisieren sollen. Ins Kontor hauen vor allem die extrem hohen deutschen Strompreise – europa- und weltweit fließt fast überall woanders erheblich günstigerer Strom durch die Leitungen. Weltmeister, zumindest in dieser Sache!
Ein Trostpflaster mag sein, dass ohnehin die meisten E-Autos nicht auf der Langstrecke (teure Schnelllader) und auch nicht in Massen an den anderen, allgemein zugänglichen Säulen angedockt werden. Sondern meist in der heimischen Garage oder beim Arbeitgeber. Und dort kommt die Sache schon günstiger: zwischen 0,25 und 0,31 Cent etwa für die Kilowattstunde. Was die Fahrt preislich wieder attraktiv macht: Fünf bis sechs Euro „Spritkosten“ pro 100 km erfreuen so den E-Auto-Fahrer. Wer gar eine eigene Solaranlage betreibt, kommt noch preiswerter davon.
Man muss aber, und das wird bei aller Kritik an der gesamten Ladeproblematik gerne vergessen, auch mal hinter die Kulissen blicken. Nicht jeder rauscht jeden Tag elektrisch von München nach Mailand und auch nicht von Flensburg nach Friedrichshafen. Und das heißt: Private Fernfahrten inklusive Nutzung teurer Ladestationen sind eher seltene Ereignisse  und beschränken sich beim Normalbürger meist auf die Urlaubsfahrt. Wer geschäftlich unterwegs ist, hat ohnehin kein Preisproblem – das Ganze geht auf Rechnung und wird abgeschrieben. Aber es zeigt einmal mehr, dass die E-Mobilität noch nicht den Kinderschuhen entwachsen ist. Und ein E-Auto demnach derzeit nur für zwei Einsatz-Szenarien und zwei Nutzergruppen optimiert erscheint: Für Pendler und Zweitwagenbesitzer. Für jene also,  die sich ohnehin nur rund ums Heimische bewegen. (wip.)