Analyse und Meinung von Richard Gaul

(Foto: angieconscious/pixelio.de)

Mit einem provokativ-diskussionswürdigen Text hat sich Richard Gaul jetzt öffentlich zu Wort gemeldet. Der Journalist, Ex-Kommunikationschef eines Autoherstellers, und Networking-Ratgeber sieht Deutschlands Wirtschaft in Gefahr, den Wohlstand bedroht, den Zusammenhalt der Gesellschaft schwinden, er entdeckt immer massivere Angriffe von außen und keiner scheint sich groß darum zu kümmern: „Politik, Öffentlichkeit und weite Teile der Medien tanzen noch rum wie Balu der Bär im Dschungelbuch – aber wir sind längst im Jurassic Park angekommen.“ So Richard Gaul in seiner jüngsten, strengen Botschaft zur Lage des Landes. Dafür klopft er zunächst die entscheidenden Posten in der Realität auf Inhalt und Wertigkeit ab.

Deutschland ist einer der teuersten Produktions- und Wirtschaftsstandorte in der Welt. Es ist nur deshalb nicht gescheitert, weil seine Lehrer, Arbeiter, Forscher, Ingenieure und Unternehmer gleichzeitig auf vielen Feldern auch die Besten waren. Und es noch sind – in den entscheidenden Disziplinen – in Qualität, Zuverlässigkeit, Haltbarkeit, verlässlicher Lieferfähigkeit.

Die Produkte aus Deutschland waren und sind noch immer zehn bis fünfzehn Prozent besser, und lassen sich dreißig bis vierzig Prozent teurer verkaufen.
Denn die Herkunft einer Maschine aus Deutschland ist nach wie vor der Garant für die zuverlässige Funktion des ganzen Systems, dafür wird ein deutlich höherer Preis in Kauf genommen. So können Autos aus Deutschland in der Welt sehr viel teurer verkauft werden, auch weil sie größer sind und eine höhere Leistung haben. Dafür müssen zwei Voraussetzungen in Deutschland erfüllt werden: Eine perfekt funktionierende Infrastruktur muss mit einer entsprechend ausgebildeten und motivierten Mitarbeiter-Gesellschaft in den Unternehmen zusammen wirken.
Aber diese Grundbedingungen werden jetzt in ihrem innersten Kern aufs Spiel gesetzt.
Die Qualität der Arbeit droht verloren zu gehen – ein völlig zersplittertes Bildungssystem und unverantwortliche Experimente mit künftigen Generationen in den Schulen unter Hoheit der Bundesländer (Zahl der Schuljahre/maroder Zustand vieler Schulen/Lehrermangel) lassen die Ausbildung auf ein Mittelmaß herabsinken.
Die Infrastruktur wird auf Verschleiß (Straßen/Schienen/privatisierte Krankenhäuser/Seniorenpflege) gefahren, Investitionen für die Zukunft unterbleiben (verstärkte Digitalisierung findet meist in Diskussionen statt/abgehängt im Internetausbau)
Es werden die falschen Helden verehrt – die eigentlichen Macher der Zukunft werden gering geachtet (mehr Medien-Rummel um Greta gegen Ingenieure, und um Schulstreiks als für technischen Fortschritt).

Eine widersinnige und teure Energiepolitik (Strompreise) gefährdet zunehmend die Wettbewerbsfähigkeit.
Jenseits jeder Realität baut die Verkehrspolitik zusätzliche Hürden auf. Wobei die überragende Transportleistung des Individualverkehrs (wenn morgen fünf Prozent mehr Pendler mit Bus und Bahn fahren, dann bricht der ÖPNV zusammen) nicht gebührend zur Kenntnis genommen wird.
Auch die Rolle des Lastkraftwagens im Güterverkehr (mit fast achtzig Prozent Markanteil!) wird nicht anerkannt und eher verteufelt.
Natürlich kann die deutsche Autoindustrie auch kleinere Autos bauen. Nur: Wenn das zu wettbewerbsfähigen Preisen funktionieren soll, dann kommen diese Autos allerdings nicht aus Werken in Deutschland.
Alle diese Punkte summieren sich zu einer existenziellen Gefährdung dieses Landes, seines Wohlstands und seines Zusammenhalts. Aber diese Schwächung findet statt in einem völlig veränderten Wettbewerbsumfeld.
Die großen, noch neuen High-Tech-Unternehmen (Google, Facebook, smarte Kommunikation etc.) sind an einem Wettbewerb, der den Fortschritt vorantreibt, gar nicht interessiert: Sie streben in ihren Geschäftsfeldern marktbeherrschende, monopolartige Positionen an.
Die großen Staaten sind immer weniger an Verbündeten interessiert, sie verfolgen stärker ihre eigensten Interessen (Trumpismus/Brexit).
Neue Konkurrenten treten mit Macht (China/Indien) in die Märkte ein.
Zudem ist zu erkennen, dass alle diese Themen wenig oder gar kein Interesse bei den großen politischen Parteien wecken. Oder sie handeln sogar kontraproduktiv. So ist die Union aus CDU/CSU damit beschäftigt, eine Verbindung mit den Grünen dauerhaft zu ermöglichen. Und verleugnet ihre alten Werte der sozialen Marktwirtschaft. Die Grünen halten den Sonderweg einer „ökologisch-sozialen Marktwirtschaft“ für möglich – ohne die oben genannten, nötigen Rahmenbedingungen überhaupt zur Kenntnis zu nehmen: Und sie schüren die Angst vor dem Weltuntergang.

Die SPD konzentriert sich auf die Leistungsempfänger im System. Und verliert dabei die Leistungsträger völlig aus den Augen. Auch die SPD droht mit dem ökonomischen Abstieg des Einzelnen. Auf einzelnen Gebieten wird die AfD zwar tätig, sie kriegt aber ihre Rechtsradikalen nicht in den Griff. Und die Förderung der Angst vor den Fremden gehört zum Klima dieser Partei. Treu zu ihrer alten Ideologie steht Die Linke und übersieht konsequent das Soziale in der sozialen Marktwirtschaft. Weil sie lieber die Angst vor den Teufeln des Kapitalismus schürt. Und die FDP schließlich traut sich nicht, ihren einstigen Kern als „Wirtschaftspartei“ wieder offen zu legen und sich dazu zu bekennen. Eigentlich hat sie selbst nur Angst vor dem eigenen Untergang.